Ehrenspielführer Guido Buchwald will beim VfB künftig wieder mehr mitmischen Foto: Getty

Nach der Mitgliederversammlung fragen sich die VfB-Fans, ob die neu gewählten Gremien Aufsichtsrat und Ehrerat den Verein voranbringen können.

Stuttgart - Guido Buchwald hatte die Lacher auf seiner Seite. Mit „Guten Tag, ich heiße Guido Buchwald“ eröffnete er seine Vorstellungsrede für den neuen Ehrenrat. Als ob jemand aus der weiß-roten Fangemeinde die VfB-Legende nicht kennen würde! Um auch wirklich sicherzugehen, schob der 53-Jährige hinterher, der einzige VfBler zu sein, der je im Trikot mit dem roten Brustring mit Deutschland Weltmeister wurde.

Beim Anhang ist der frühere Abwehrspieler noch immer wohlgelitten. Wenngleich seine Bewerbungsrede niemand vom Hocker riss. Dass er neben dem Stuttgarter Stadtrat Hans H. Pfeifer und Konzertmanager Michael Russ in den Ehrenrat gewählt wurde, war dennoch Formsache: 92,4 Prozent der Mitglieder stimmten für die neue Besetzung des Gremiums, das dem Verein beratend zur Seite steht – und künftig durchaus Einfluss geltend machen möchte. „Wenn keine Entscheider drin sind, macht es keinen Sinn“, sagte Buchwald. Keine Frage: Der VfB-Ehrenspielführer drängt in die Offensive. Offen ist, inwieweit dies vom Verein gewünscht wird. Zumal künftig mehrere beratende Gremien nebeneinander existieren sollen.

Die Verantwortlichen wollen zusätzlich einen Sportausschuss mit namhaften Ex-Spielern installieren, auch dafür ist Buchwald ein Kandidat. Sportvorstand Fredi Bobic plant hierzu den Aufbau eines Netzwerks mit dem Namen „Für immer VfB“, eine Art Alt-Spielerrat aus sämtlichen ehemaligen Spielern und Trainern. Als Vorbild dient der Club der ehemaligen Nationalspieler des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Doch das ist vorerst Zukunftsmusik. Zunächst stehen dem Vorstand weiter nur Ehren- und Aufsichtsrat zur Seite. Letzterer hatte es am Montagabend in der Porsche-Arena ungleich schwerer, die Mitglieder von seinem Wirken zu überzeugen.

Erst wurde dem bisherigen Aufsichtsrat mit nur 46,7 Prozent der Ja-Stimmen die Entlastung versagt – ein Nachtreten gegen Ex-Chef Dieter Hundt, was laut Satzung aber nur theoretisch Konsequenzen haben könnte, etwa bei einer Pleite. Danach wurde die neue Besatzung mit lediglich 69,8 Prozent ins Kontrollgremium gewählt. Ihm gehören neben dem bisherigen Vorsitzenden Joachim Schmidt nun Gazi-Chef Eduardo Garcia, Ex-Profi Hansi Müller, Kärcher-Chef Hartmut Jenner, Daimler-Vorstand Wilfried Porth und Martin Schäfer von Würth an. Mit den Granden der hiesigen Wirtschaft ist die Hoffnung auf bessere Zeiten verbunden – gerade mit Blick auf die geplante Ausgründung der Profiabteilung in eine AG. Neben der Daimler AG, deren Bande zum VfB durch die Wahl von Porth an der Seite von Ex-Manager Schmidt sicher noch enger geknüpft werden, zählen auch Gazi, Würth und Kärcher zur Reihe jener heimischen Großunternehmen, mit deren Hilfe VfB-Präsident Bernd Wahler den vor sich hin dümpelnden schwäbischen Fußballstolz wieder aufpäppeln will. Für 25 Prozent der Anteile könnten bis zu 70 Millionen Euro in die Kassen fließen.

Das klingt nach wie vor verheißungsvoll, doch ist es nicht so, dass Wahler nur mit dem Finger schnippen muss, damit die Investoren mit dem Geldkoffer an der Mercedesstraße vorfahren. „Das ist ein zähes Ringen“, heißt es im Aufsichtsrat. Für sportlichen Erfolg gibt es eben keinen Ersatz – weshalb selbst der mögliche Einstieg der Daimler AG, die sich nach Informationen unserer Zeitung mit 20 Millionen beteiligen will, alles andere als ein Selbstläufer ist. Im Konzern hat die Entscheidung jedenfalls keine Begeisterungsstürme ausgelöst.

Überhaupt, die Ausgliederung. Auch die sei längst kein Selbstläufer, urteilten Aufsichtsräte am Tag, nachdem Wahler der VfB-Familie seine Pläne erstmals erläutert hatte. „Eher nein“, meinte einer auf die Frage, ob es für die notwendige Dreiviertelmehrheit bei der möglichen außerordentlichen Mitgliederversammlung im Frühjahr reichen wird. Zu tief sitzt an der Basis das Misstrauen gegenüber der Vereinsführung. Wahler konnte mit seiner Vorstellung des Konzepts zwar grundsätzlich punkten. Der Tenor der Mitglieder lautet jedoch: Ja, aber.

Die kritischen Einwände zielen auf die Fremdsteuerung von außen, auf die Entmachtung der Mitglieder und den Verlust an Tradition. Es herrscht aber auch die Sorge, die sportliche Führung beherrsche das urschwäbische Handwerk nicht: mit Geld umzugehen. Zu oft in der Vergangenheit habe der Verein, so er denn mal welches hatte, mit Geld nicht viel mehr angestellt, als es zu verbrennen. Um dies künftig zu verhindern – auch dafür gibt es ja den Aufsichtsrat. Was er in seiner Funktion als Kontrollinstanz künftig besser machen will? Genauer hinschauen, sagt einer. Noch genauer.