Ein TV-Auftritt mit Folgen: VfB-Aufsichtsrat Hansi Müller Foto: Kolarik

VfB-Aufsichtsratsmitglied Hansi Müller plaudert öffentlich über neuen Trainer Alexander Zorniger – und wird dafür von der Vereinsführung abgewatscht.

Stuttgart - Robin Dutt war gar nicht gut drauf am Dienstagvormittag – und das lag nicht am Zahnarzttermin, den der Sportvorstand des VfB Stuttgart wahrnehmen musste. Schon vor der Vorsorgeuntersuchung hatte ihn eine Nachricht erreicht, die ihn mehr schmerzte als der Gedanke an die Folterwerkzeuge in der Dentalheilkunde. Robin Dutt hatte vom TV-Auftritt Hansi Müllers gehört.

Der hatte am Montagabend in Salzburg stattgefunden, der ehemalige Mittelfeldspieler und heutige Aufsichtsrat des VfB war zu Gast bei Servus-TV, dem Haussender eines Getränkeherstellers – und verdribbelte sich nach Meinung der Clubführung der Roten verbal ganz gehörig. Dabei könnte man aus anderer Warte auch sagen: Hansi Müller hat nur das ausgeplaudert, was nach Informationen unserer Zeitung ohnehin längst beschlossene Sache ist: „Alexander Zorniger wird ab der kommenden Saison den VfB Stuttgart trainieren.“

Daran, dass der Ex-Coach von RB Leipzig in der neuen Runde – egal ob in Liga eins oder zwei – die Profis in den weißen Hemden mit dem roten Brustring anleitet, gibt es keine Zweifel mehr. An der Vorgehensweise von Hansi Müller dagegen schon – schließlich steht sie im Gegensatz zur Strategie, die sich der Verein für Bewegungsspiele in den vergangenen Wochen und für die kommenden vier Wochen verordnet hat: kein Kommentar zu welchen Spekulationen auch immer.

„Wir saßen in den vergangenen Wochen mehrfach zusammen und haben klar gesagt: Jetzt gilt nur eins: der Klassenverbleib“, sagt Joachim Schmidt, der Aufsichtsratsvorsitzende, und ergänzt: „Wir halten uns in der Öffentlichkeit zurück und stärken Trainer und Mannschaft den Rücken. Das wurde durchgehalten – bis jetzt.“ Weshalb Schmidt entsprechend „verärgert“ war – und dies seinem Kollegen aus dem Kontrollgremium so auch mitteilte: „Das habe ich ihm gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht.“ Hansi Müller selbst war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Vereinsführung, die nichts vom Auftritt des Europameisters von 1980 wusste, sieht durch dessen vermutlich unbedarfte Äußerungen einen bisherigen Vorteil gegenüber der Konkurrenz im Kampf gegen den Abstieg in Gefahr. Die kommende Saison spielte in den Planungen hinter den Kulissen selbstverständlich schon eine gewichtige Rolle, alles andere wäre unprofessionell und fahrlässig.Nach außen aber galt Dutts Motto: „Wir konzentrieren uns komplett auf diese Saison und den Klassenverbleib.“

Spekulationen wurden nicht kommentiert, an aufkommenden Diskussionen beteiligte sich der Verein nicht, immer mit dem Hinweis auf das Vertrauensverhältnis zum aktuellen Trainer. Und da Huub Stevens die nicht ganz unbedeutende Aufgabe zukommt, den Verein vor der Zweitklassigkeit zu bewahren, sollte der Verlust dieses Vertrauens unter keinen Umständen riskiert werden. Denn: Wer weiß schon, wie ein Coach reagiert, wenn sein Nachfolger schon feierlich verkündet wird? Und: Soll ja keiner denken, in Stuttgart verlieren sie die Nerven.

So ist das defensive Gebaren des VfB in den vergangenen Wochen zu deuten. Dass man mit der Zukunft auch anders umgehen kann, haben Jürgen Klopp und Borussia Dortmund bewiesen: Trennung bekanntgemacht, Nachfolger benannt, in Ruhe weitergearbeitet. Die Roten fahren einen anderen Kurs – von dem nun ausgerechnet einer der Ihren abgewichen ist. „Unser Plan von Ruhe und Geschlossenheit wurde gebrochen“, sagt daher Aufsichtsratschef Joachim Schmidt – und wirft mit seinen deutlichen Worten die Frage nach möglichen Konsequenzen für Hansi Müller auf.

Die wird es – bis auf die wohl wenig erbaulichen Gespräche mit Dutt und Schmidt – für den ehemaligen Spielmacher allerdings nicht geben. „Ich könnte ihn gar nicht aus dem Aufsichtsrat entlassen“, sagt Schmidt, „er ist wie wir alle von den Mitgliedern gewählt und könnte dementsprechend nur von den Mitgliedern abgewählt werden.“ Die Frage eines Rauswurfs habe sich aber auch nie gestellt, versichert der frühere Daimler-Manager, auch einen Rücktritt soll er Müller nicht nahegelegt haben.

Man will ja schließlich nicht noch mehr Staub aufwirbeln.