Die VfB-Versammlung findet nicht wie am 1. Juni im Stadion, sondern auf der Messe statt. Foto: Baumann

Um die Mitglieder stärker in das operative Geschäft einzubinden, wählt der Fußball-Bundesligist VfB am Sonntag einen Vereinsbeirat, der das Präsidium mit seinen Ideen fördern und fordern soll.

Stuttgart -

Noch ist genügend Platz in der Schüssel für Stuttgarts größte, am Dienstagmittag genau 58 713 Köpfe zählende Fußballfamilie. Zwar befindet sich die kontinuierlich steigende Mitgliederzahl beim VfB weiter auf Rekordkurs – und doch liegt sie noch unter der Kapazitätsgrenze des eigenen Stadions. Käme also tatsächlich jedes Mitglied zur Vereinsversammlung des VfB, dann würde die 60 449 Personen fassende Mercedes-Benz-Arena diesmal gerade noch ausreichen.

Tatsächlich folgt aber bei Weitem nicht jedes Mitglied dem Ruf der Clubspitze zum großen Treffen im Zeichen des Brustrings. Zudem ist es am Sonntag, 3. Dezember, wenn der VfB diesmal seine turnusmäßige Versammlung abhält, sehr ratsam, beheizte Räume aufzusuchen. Weil die Hallen im Neckarpark in der Vorweihnachtszeit etwa mit Konzerten ausgebucht sind, lädt der Verein für Bewegungsspiele diesmal in die Halle 1 der Stuttgarter Messe, wo rund 3000 bis 4000 Mitglieder erwartet werden.

Nachdem die Ausgliederung auf einer außerordentlichen Versammlung am 1. Juni geglückt und damit das Kernprojekt in der Ära des noch bis Herbst 2020 gewählten Präsidenten Wolfgang Dietrich mit deutlicher Mehrheit beschlossen wurde, geht es nun darum, einem neuen Gremium innerhalb des Hauptvereins (und nicht der AG) auf die Beine zu helfen: dem neuen Vereinsbeirat, der den alten Ehren- und Aufsichtsrat ersetzen soll.

Die Vereinsbasis soll breit abgebildet werden

Dieser Vereinsbeirat soll künftig aus neun einfachen Mitgliedern bestehen, die sich aus je drei Vertretern der Gruppen „Sport und Verein“, „Mitglieder und Fans“ sowie „Wirtschaft und Gesellschaft“ rekrutieren. „Es geht darum, die Basis unserer Mitglieder repräsentativ und möglichst breit abzubilden“, sagt Stefan Heim, der Vorstand für Finanzen und Verwaltung.

Immerhin ist die Vereinsstruktur des VfB durch die Ausgliederung der Sparte Profifußball mitsamt der Daimler AG als Anker-Investor, die nun 11,75 Prozent der Anteile an der VfB Stuttgart AG hält, komplizierter geworden. „Die Mutter aller Dinge beim VfB bleibt der Verein. Durch die Ausgliederung ist nun aber die größtmögliche Handlungsfähigkeit in einem operativ schwierigen Geschäft wie dem Profifußball gegeben“, sagt Stefan Heim, nach dessen Ansicht die Dinge seit dem 1. Juni „sehr gut“ angelaufen sind.

Soll heißen: Sportlich steht der Verein mit Platz zwölf angesichts des obersten Saisonziels, dem Klassenverbleib, nach mehr als einem Drittel der Saison ordentlich da. Zudem seien von den 41,5 Daimler-Millionen noch Euroreserven in der Clubkasse, so dass man auch auf dem Winter-Transfermarkt handlungsfähig ist. Überdies sei man, so der 47-jährige Heim, in der Vorbereitung, um weitere Investoren an den VfB zu binden. „Und zwar solche, die sehr gut zu unserem Club passen.“

Nun sollen auf der Versammlung die Mitglieder wieder stärker in den Fokus rücken, von denen so manch einen das subjektive Empfinden beschleicht, durch die Ausgliederung verstärkt an Einfluss eingebüßt zu haben. Also geht es darum, den gemeinen Fan über den Vereinsbeirat stärker beratend in die Tätigkeiten des dreiköpfigen VfB-Präsidiums einzubinden, in dem neben dem Präsidenten Dietrich noch der Ex-Profi Thomas Hitzlsperger und der Unternehmensberater Bernd Gaiser sitzen.

Die beiden Letztgenannten stellen sich am Sonntag wie die Kandidaten für den Vereinsbeirat ebenfalls der Wahl durch die Mitglieder – und wollen so in ihrem Amt durch die Basis legitimiert werden. Immerhin sitzt neben dem Präsidenten Dietrich ja ein weiteres Präsidiums-Mitglied (aktuell ist das Bernd Gaiser) als Vertreter des Vereins im Aufsichtsrat der AG. Klar ist aber auch, dass die operativen Entscheidungen dort letztlich weiter von dem dreiköpfigen Vorstand der AG mit Heim, dem Sportvorstand Michael Reschke und dem Marketing-Vorstand Jochen Röttgermann getroffen werden. Dies geschieht inzwischen unter der Obhut des neunköpfigen AG-Aufsichtsrats, der wiederum vom Präsidenten Dietrich angeführt wird und in dem zwei Plätze fest für Daimler-Repräsentanten reserviert sind.

Mehr Einflussnahme durch die Mitglieder

Mit dem Vereinsbeirat soll nun der Mitgliederwunsch nach mehr Einflussnahme auf die Tagesthemen aufgegriffen werden. „Dieses Gremium sollte dem Präsidium Feedback und Impulse geben“, sagt das Mitglied Rainer Weninger, der einer der 16 Kandidaten für die neun Posten in den drei Gruppierungen des Beirats ist. „Der Verein braucht verlässliche Mitglieder, die ihn fördern und unterstützen“, findet derweil Murat Altuntas, der ebenfalls kandidiert. Auch Christof Seeger, Professor an der Stuttgarter Hochschule für Medien, hat seinen Hut in den Ring geworfen – und sagt: „Beim VfB sind jetzt Leute an der Täte, die Ahnung davon haben, was sie machen.“