Das Training beim VfB Stuttgart nimmt wieder Fahrt auf. Foto: Baumann

Beim Stuttgarter Zweitligist startet die Vorbereitung für die anstehenden Geisterspiele. Dabei ist vieles unklar, aber eines sicher: Für die Spieler wird nichts mehr so sein, wie sie es in den Stadien gewohnt waren.

Stuttgart - Sven Mislintat stellt sich auf gewöhnungsbedürftige Bilder ein. Trainer mit Mundschutz am Spielfeldrand; Ersatzspieler, die nur jeden zweiten Platz auf der Bank besetzen und ebenfalls eine Maske im Gesicht tragen. Dazu nur etwa 100 Menschen, die sich im Innenraum der Arena bewegen. Das alles erwartet der Sportdirektor des VfB Stuttgart in einer gespenstischen Stadionatmosphäre.

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Strenge Auflagen begleiten den Profifußball bei der Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor leeren Zuschauerrängen, und nichts wird nach der Corona-Pause mehr so sein, wie man es seit Jahren kennt, wenn der nächste Anpfiff in der Bundesliga am 16. Mai erfolgt.

Neun Spieltage stehen noch aus

Tags darauf geht es für den VfB beim SV Wehen Wiesbaden los – und für den Zweitliga-Zweiten wird es ein Kaltstart in die heiße Saisonphase. Neun Spieltage stehen im Aufstiegsrennen noch aus. Zumindest, sofern das Team von Trainer Pellegrino Matarazzo nicht in die ungeliebte Relegation muss. Und erst seit Donnerstagnachmittag stehen die Stuttgarter wieder im Mannschaftstraining – nach fünf Wochen üben in Kleingruppen.

„Im Grunde ist es nur eine leichte Veränderung, aber sie bedeutet viel“, sagt Mislintat. Denn nur so werden die Stuttgarter auf den Punkt wieder spielfähig sein. „Das ist der wichtigste Schritt“, sagt der Sportdirektor zu den Vorbereitungen. Wobei den Aufstiegsaspiranten nicht nur die Frage umweht, wie schnell er wieder in Tritt kommt, sondern auch, wie er mit der Sondersituation während der Pandemie klarkommt.

Keine Angst vor Ansteckung

Angst vor einer Ansteckung kann Mislintat in den Gesichtern der Spieler jedoch nicht erkennen, nachdem nun schon zum zweiten Mal gemeinsam trainiert wurde. Vielmehr Freude über die Möglichkeit, wieder dem Ball nachzujagen und dabei auch Zweikämpfe zu bestreiten. Da unterscheidet die Profis in ihrer Motivation nichts von Amateuren. „Ich kann der Gruppe nur ein Riesenkompliment aussprechen, wie sie mit den widrigen Umständen bisher umgeht“, sagt Mislintat.

Dabei meint der Sportdirektor nicht nur das Einhalten der Hygienevorschriften sowie das Akzeptieren der reduzierten sozialen Kontakte, um das Infektionsrisiko gering zu halten. Und nun werden sich die Spieler noch mehr einschränken müssen, wenn an diesem Samstag der nächste Corona-Test erfolgt. Denn nur wer zweimal ein negatives Ergebnis vorlegt, kann am Sonntag mit in das Trainingslager, das der VfB vor den Toren Stuttgarts bezieht.

Aidonis und Hornung dabei

29 Spieler sind vorgesehen, die mit in das Hotel fahren. Darunter die Nachwuchskräfte Antonis Aidonis (Abwehr) und Sebastian Hornung (Torwart). Nicht mit dabei sind der verletzte Borna Sosa (Knieprobleme) sowie der 17-jährige Mittelfeldspieler Lilian Egloff, der in seinen Schul-Abschlussprüfungen steckt. Sie gehören dann vorerst nicht zu den Kandidaten, aus denen Matarazzo seine Elf für die Begegnung beim Tabellen-16. formiert. Denn zu den Vorgaben des Konzepts der Deutschen Fußball-Liga gehört, dass sich die Mannschaften in den nächsten Wochen zu Quarantänezwecken weitestgehend von der Außenwelt abschotten.

Die Stuttgarter haben dazu eine Mix-Lösung gewählt, die zum einen nah genug ist, um die gute Infrastruktur des eigenen Clubgeländes zu nutzen. Zum anderen liegt das Hotel weit genug weg, um Spieler nicht in Versuchung zu bringen, sich mit Familienmitgliedern und Freunden zu treffen. Auch bittet der VfB um Verständnis dafür, dass der Kontakt zu den Fans ebenfalls nicht vorgesehen ist. Im Zentrum der schwäbischen Aktivitäten steht nach dem Krisenmanagement die Konzentration auf das Wesentliche: den Fußball unter Einhaltung der behördlichen Vorschriften.

Das letzte Spiel war vor zwei Monaten

Das wird schwer genug, da noch nie eine vergleichbare Situation für Trainer und Spieler zu bewerkstelligen war. Denn die Unterbrechung war länger als eine Sommerpause – zwei Monate sind seit dem letzten Spiel gegen Arminia Bielefeld (1:1) vergangen. Trainiert wurde jedoch nur individuell und in Gruppen, inhaltlich vor allem konditionell und technisch. Taktische Schulungen fanden per Video oder mit großem Abstand auf dem Platz statt. Matarazzo hatte dabei die Aufgabe, den Spielern Spaß zu vermitteln und und sie gleichzeitig unter Spannung zu halten – ohne wirklich zu wissen, wann es wieder ernst wird für die Stuttgarter.

Nun ist es klar, und der Chefcoach muss mit seinen Assistenten die einzelnen Elemente wieder zu einem Ganzen zusammenfügen. Ohne jedes Vorbereitungsspiel und durchaus mit einem gewissen Verletzungsrisiko nach der langen Auszeit. Man darf also gespannt sein, was für ein Fußball nach dem Neustart beim VfB herauskommt.