Das Landgericht Stuttgart hat den Angeklagten des versuchten Mordes für schuldig befunden. Foto: Weingand / STZN

Nach einem Angriff in einer Weinstädter Asylbewerberunterkunft muss ein 22-Jähriger mehr als vier Jahre ins Gefängnis. Die genauen Hintergründe des Streits zweier Männer bleiben vor dem Landgericht ungeklärt.

Weinstadt/Stuttgart - Die Versionen dessen, was sich im vergangenen September in einer Asylunterkunft in Weinstadt-Großheppach zugetragen hat, unterscheiden sich. Rührten die Schnittverletzungen an der Hand eines 22-jährigen Nigerianers von einem Mordversuch? Oder handelte es sich um ein eher harmloses Gerangel, weil der Geschädigte den Mann auf der Anklagebank bestohlen hatte? Das Landgericht Stuttgart hatte die Wahl, welcher Darstellung es Glauben schenken sollte – und hat nun einen 22 Jahre alten Somalier wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von vier Jahren und einem Monat verurteilt.

Die neunte Strafkammer ging davon aus, dass sich der Angriff wie vom Opfer geschildert zugetragen hat: Der Somalier hatte damals Alkohol getrunken, er kam zur Mittagszeit in das Zimmer des Nigerianers und soll nach Zigaretten gefragt haben. Als dieser ihm keine geben wollte oder konnte, ging er hinaus – und kam mit einem Taschenmesser wieder, mit dem er auf seinen Kontrahenten losging. Einen Stich in Richtung Hals wehrte der Nigerianer mit der Hand ab, dadurch wurde eine Sehne eines Fingers durchtrennt.

Der Angreifer hatte jede Menge Alkohol im Blut

Der Angeklagte hatte erzählt, der Nigerianer hätte ihn – nicht zum ersten Mal – bestohlen. Zudem deutete er an, sie seien auch wegen Drogengeschäften im Streit gelegen. Er behauptete, seinem Gegner absichtlich in jene Hand geschnitten zu haben, mit der dieser ein gestohlenes Bündel Geldscheine umklammert hätte.

Die Polizei suchte den Somalier kurz darauf in seinem Zimmer auf. In dem Raum fand sie auch die Tatwaffe, die der 22-Jährige zu verstecken versucht hatte. Noch vier Stunden nach der Tat hatte er rund zweieinhalb Promille Alkohol im Blut. Worin die Feindschaft der beiden Männer tatsächlich begründet liegt, konnte das Gericht nicht zweifelsfrei herausfinden – der Richter hatte Zweifel an der Version des Angeklagten, und das Opfer selbst schwieg zum genauen Hintergrund.