Bei längerer Verspätung von Zugreisen bekommen Fahrgäste auf Antrag einen Teil der Ticketkosten zurück. Foto: dpa

Weil sich die Bahn in den vergangenen Wochen so häufig und so stark verspätet hat, stapeln sich die Anträge der verärgerten Passagiere. Nun zeigt sich, wie lange sie noch auf ihre Entschädigung warten müssen.

Berlin - Wegen der Streckensperrung im Rheintal und zahlreicher Unwetter haben Verspätungen und Zugausfälle im Schienenverkehr stark zugenommen. Die Deutsche Bahn AG muss deshalb viele Entschädigungen zahlen und kommt mit der Bearbeitung der Anträge kaum hinterher. Betroffene Fahrgäste müssen derzeit wochenlang auf das Geld warten. In Schreiben an die Kunden entschuldigt sich das Servicecenter Fahrgastrechte für die Probleme und Unannehmlichkeiten und bittet um Nachsicht.

„Zurzeit erreichen uns außergewöhnlich viele Anträge“, schreibt die Leiterin Nicole Bahrmann. Ursachen seien zahlreiche Unwetter und „insbesondere die Streckensperrung im Rheintal“, wo es bei Tunnelarbeiten zu Gleisabsenkungen gekommen sei. „Die Bearbeitung Ihres Anliegens wird daher leider noch einige Wochen in Anspruch nehmen“, heißt es in einem Schreiben weiter, das eine Kundin 14 Tage nach ihrem Antrag erhalten hat. Die Bahn teilte auf Nachfrage mit, die Zahl der Fahrgastrechte-Beschwerden sei „in den letzten Monaten stark angestiegen“. Bis Ende August wurden demnach bereits rund 860 000 Anträge bearbeitet.

Besonders im Fernverkehr gibt es seit Jahren viele Verspätungen

Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer liege derzeit bei rund 20 Tagen, erklärte ein Sprecher. Damit werde die gesetzliche Frist von einem Kalendermonat „bei der weit überwiegenden Mehrheit aller Fälle eingehalten“. Die Situation werde sich zudem in den nächsten Tagen aufgrund des Einsatzes zusätzlicher Mitarbeiter „voraussichtlich weiter verbessern“. Eine Prognose der Antragszahl fürs Gesamtjahr sei „derzeit nicht möglich“. 2016 hatte der Konzern rund 1,3 Millionen Entschädigungsanträge wegen Verspätungen bearbeitet, ein Jahr zuvor sogar 1,7 Millionen. Besonders im Fernverkehr gibt es seit Jahren viele Verspätungen, zeitweise kam jeder vierte ICE oder Intercity mit mindestens sechs Minuten Verspätung an.

Zu Jahresbeginn konnte der Konzern die Pünktlichkeit auf immerhin 82,3 Prozent verbessern, im Februar lag der Wert sogar bei 86,4 Prozent der Fernzüge. Im Juli und August schafften es allerdings wieder nur je 76,3 Prozent der ICE und IC mit weniger als sechs Minuten Verspätung ans Ziel. Die Unpünktlichkeiten schaden nicht nur dem Image der Bahn, sondern auch ihrer Bilanz.

Bahnen müssen bei Verspätungen Teile des Fahrpreises erstatten

Bei längerer Verspätung von Zugreisen bekommen Fahrgäste auf Antrag einen Teil der Ticketkosten zurück, unabhängig von den Ursachen. In allen EU-Ländern müssen Bahnen bei Verspätungen von 60 bis 119 Minuten ein Viertel des Fahrpreises erstatten, ab 120 Minuten mindestens die Hälfte. Im Gegensatz zu Airlines können sich Bahnen nicht auf höhere Gewalt berufen. Eine Erstattung ist auch fällig, wenn sich der Zug wegen schlechtem Wetter, Naturkatastrophen oder Streiks verspätet.

Der Konzern gibt keine Auskunft zur Höhe der Erstattungen. „Angaben zu geleisteten Entschädigungszahlungen veröffentlichen wir nicht“, erklärte ein Sprecher. Anders als manche Airlines gilt die DB als vorbildlich bei der Entschädigung von Kunden und hat sich anders als die Luftfahrtbranche auch frühzeitig an einer unabhängigen Schlichtungsstelle beteiligt.