Anderen zu helfen kann einen selbst in die Bredouille bringen. Foto: dpa

Eine alte Dame eilt zur Hilfe, weil es nötig ist. Sie erleidet selbst einen Schaden – und bleibt darauf sitzen. Kein Versicherungsfall sagt die Assekuranz – und hat damit Recht. Ein Einzelfall ist es auch nicht.

Stuttgart - Mit ihren 86 Lenzen hat Frau M. schon einiges erlebt, doch auch im höheren Alter lernt man nicht aus. Wobei Frau M. auf diese Erfahrung gerne verzichtet hätte. Wer hilft, der ist der Dumme, so lässt sich kurz zusammenfassen, was Frau M. recht schmerzhaft dazulernen musste, aber der Reihe nach.

Frau M., die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, lebt in einem Altenheim in Süddeutschland. Dort lebt auch Herr K. Die beiden kennen sich immerhin so gut, dass Frau M. über die gelegentlichen Schwindelattacken ihres Mitbewohners Bescheid weiß. Und daher ist Frau M. auch zu ihm geeilt, als sie eines morgens ihren Mitbewohner in alles anderer als gesundheitlich stabiler Verfassung zitternd auf dem Gang stehen sah. Sie wollte die Rollatorbremsen arretieren, doch das misslang. Der Mann stürzte, Frau M. stürzte mit und verletzte sich dabei so sehr, dass mehrere Arztbesuche und Behandlungseinheiten notwendig wurden. Da sich Frau M. in die guten Hände einer privat abrechnenden Physiotherapeutin begeben hatte, blieben am Ende rund 1000 Euro an Schaden, den die eigene Krankenkasse nicht begleichen wollte. Kein Problem, dachte Frau M. – und schrieb an die Haftpflichtversicherung des Mannes. Doch ein Problem, schrieb die Versicherung zurück – und bezahlte nichts. Die Begründung: Gehaftet wird nicht für jeden Schaden, sondern nur für solchen, der schuldhaft verursacht wurde. Eine Schuld für den Schwindel sei bei Herrn K. nicht zu sehen. Keine Schuld bedeute: kein Versicherungsfall.

Immer wieder gibt es ähnlich ärgerliche Fälle

Das klingt hart, nicht nur für Frau M., sondern auch für viele ihrer Bekannten, denen sie davon erzählt hat. Auszusetzen ist an der Sichtweise der Assekuranz allerdings nichts, heißt es beim Bund der Versicherten. Es gebe immer wieder Fälle, die zwar höchst ärgerlich sind, schmerzhaft und auch teuer – aber eben mangels Verschulden kein Haftpflichtfall. So wie der Baum, der beim Orkan auf das Haus des Nachbarn kracht, obwohl er zuvor gesund und standfest in der Erde verwurzelt war.

Für Frau M. ist das keine Nachricht, die sie zufriedenstellt. Sie spricht von einer tiefen Enttäuschung und davon, dass sie sich beherrschen würde, wenn sie wieder jemanden sieht, der Hilfe braucht.