Die markierten Personen werden verdächtigt, als Killerkommando den Journalisten ermodert und seine Leiche zerstückelt zu haben. Foto: Demiroren News Agency

Im Fall des in der Türkei verschwundenen arabischen Journalisten Jamal Chaschukdschi kommen immer mehr bizarre Details ans Tageslicht. Türkische Fernsehstationen strahlen inzwischen Aufnahmen der Überwachungskameras aus.

Istanbul - In dem Fall des spurlos verschwundenen saudischen Journalisten und Regierungskritikers Jamal Chaschukdschi erhöht die Türkei den Druck auf Saudi-Arabien. Ermittler und Regierungskreise lassen neue Details durchsickern, während Präsident Recep Tayyip Erdogan sich weiterhin bedeckt hält. Die „New York Times“ berichtete unter Berufung auf türkische Quellen, Chaschukdschi sei auf Befehl des saudischen Königshofes ermordet und seine Leiche zerstückelt worden. Das Killerkommando aus Riad habe eigens eine Knochensäge dabei gehabt.

Türkische Fernsehsender veröffentlichen Videoaufnahmen

Zahlreiche türkische Fernsehsender strahlten am Mittwoch einen Zusammenschnitt von rund 150 ausgewerteten Überwachungskameras aus. Die regierungsnahe Zeitung Sabah veröffentlichte Namen und Fotos aller 15 Mitglieder des saudischen Kommandos, die an dem Tag von Chaschukdschis Verschwinden in zwei gecharterten Gulfstream IV Privatjets anreisten. Unter ihnen soll sich ein hoher Gerichtsmediziner der Staatssicherheit, Oberstleutnant Salah Muhammed Al-Tubaigy, befunden haben sowie mehrere Geheimdienst- und Eliteoffiziere, von denen Fotos existieren, die sie zusammen mit Kronprinz Mohammed bin Salman zeigen.

Die Führung der Türkei hofft offenbar, durch diese Informationspolitik einen wachsenden internationalen Druck auf den 33-jährigen Thronfolger zu erzeugen, möchte aber selbst nicht als dessen Ankläger auftreten, um in der akuten Wirtschaftskrise die Beziehungen zu dem Königreich nicht zu zerstören. US-Präsident Donald Trump, der Saudi-Arabien zu seinem arabischen Lieblingsverbündeten auserkoren hat, hält sich auffallend zurück. Er habe mit Riad bisher nicht über den Fall gesprochen, erklärte er. Sein Vizepräsident Mike Pence twitterte, er sei „tief beunruhigt“ von den Berichten. „Wenn sie wahr sind, ist dies ein tragischer Tag.“

Der am Mittwoch zahlreichen türkischen TV-Sendern zugespielte Zusammenschnitt von Überwachungsvideos zeigt Jamal Chaschukdschi, wie er am 2. Oktober um 13.14 Uhr das Konsulat betritt. Zwei Stunden später verließen eine Limousine und ein schwarzer Mercedes Vito mit getönten Scheiben das Gelände und fuhren in die nur 300 Meter entfernte Residenz des Generalkonsuls. Dort verschwand der Mercedes Vito in der Garage, während das andere Fahrzeug auf der Straße geparkt wurde. Das erste Flugzeug war bereits am frühen Morgen um 3.13 Uhr in Istanbul angekommen. Seine neun Insassen buchten drei Nächte im Mövenpick Hotel und Wyndham Grand Hotel. Anschließend fuhren sie ins nahegelegene Konsulat. Ihre Maschine mit der Kennung HZ-SK2 verließ Istanbul am Abend um 22.46 Uhr und kehrte über Dubai zurück nach Riad, nachdem ein Konvoi von sechs Diplomatenfahrzeugen, darunter auch der schwarze Mercedes Vito, zum Flughafen gekommen war.

Vermutlich waren auch andere Länder beteiligt

Das andere Flugzeug mit der Kennung HZ-SK1 hatte sechs Personen an Bord und war am Nachmittag um 17.15 Uhr gelandet. Es startete bereits gut eine Stunde später um 18.20 Uhr, machte einen Zwischenstop in Kairo und flog anschließend zurück in die saudische Hauptstadt. Das könnte bedeuten, dass auch die Vereinigten Arabischen Emirate oder Ägypten verwickelt sind. Die türkische Zeitung Sabah berichtete, die türkische Polizei halte es für möglich, dass Chaschukdschi noch lebe und entführt worden sei. Dagegen berichtete die „New York Times“ ebenfalls mit Berufung auf türkische Ermittler, das Kommando habe die Leiche Chaschukdschi in einer komplexen, zweistündigen Operation zerteilt. „Das ist wie aus einem Schundroman“, zitierte das Blatt den ungenannten Informanten.