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Ein Paar aus Bietigheim-Bissingen hat es sich zur Aufgabe gemacht, geborgene Tiere zu ihren Besitzern zu bringen. Dafür opfern sie viel Zeit. In einigen Städten helfen auch die Bauhöfe mit – und viele Tierfreunde im Internet.

Bietigheim-Bissingen - Nun wird es wieder losgehen“, sagt Lisa Jahke. Immer wenn es wärmer wird, die Tage länger werden und Katzen wieder vermehrt Mäuse jagen, gibt es auch mehr zu tun für die 35-Jährige, ihren Mann Tobias und die 25 Helfer. An manchen Tagen klingelt das Telefon dann bis zu zehnmal. Bei den Jahkes melden sich Menschen aus dem ganzen Kreis, die Tiere gefunden haben.

Das Paar aus Bissingen (Kreis Ludwigsburg) hat es sich zur Aufgabe gemacht, sie zurück zu ihren Haltern zu bringen. „Wir helfen auch bei toten Tieren, damit keines ohne Namen sterben muss und die Besitzer Gewissheit bekommen“, sagt Jahke. Die Idee hatte sie im Frühjahr 2017. Immer wieder war sie zuvor in sozialen Netzwerken in den verschiedensten Gruppen über Einträge zu gefundenen Tieren gestolpert. „Das war aber alles irgendwo verstreut“, sagt Jahke, „die Einträge fand ich zwar toll. Aber die Chance, dass die Halter ihr Tier wiederfinden, haben sie nicht erhöht.“

Das wollte sie ändern und gründete die Facebook-Gruppe „Vermisste Tiere Kreis Ludwigsburg“, um die Beiträge zu bündeln. Die Tierfreundin richtete eine Hotline und eine eigene Webseite mit Informationen zu dem Thema ein. Und die Resonanz zeigt, neben Lisa Jahke gibt es viele andere Menschen, die sich um das Wohl von Tieren und ihren Verbleib sorgen.

Fehlende Kennzeichnungspflicht erschwert die Arbeit

In der öffentlichen Facebook-Gruppe tummeln sich bald 5000 Mitglieder, beinahe täglich stellen sie Beiträge ein. Mal ist einem ein Hund zugelaufen, mal ein Sittich aus dem offenen Fenster entwischt, am häufigsten berichten die Tierliebhaber von überfahrenen Katzen.

Die Facebook-Seite mit ihren unzähligen Einträgen funktioniert inzwischen wie eine Suchmaschine – eben für gefundene und vermisste Tiere. Lisa und Tobias Jahke achten darauf, dass in jedem Eintrag Tierart, Postleitzahl, (Fund-)Ort sowie eine kurze Beschreibung davon, was passiert ist, enthalten sind. „Wir sind inzwischen die erste Anlaufstelle im Kreis“, sagt Lisa Jahke nicht ohne Stolz.

Schätzungsweise 8,7 Millionen Haustiere werden in Deutschland gehalten, davon fünf Millionen Hunde und 3,7 Millionen Katzen. Mehr als 80 000 Tiere dieser Arten werden jedes Jahr als vermisst gemeldet. Ein Problem dabei: eine Kennzeichnungspflicht, beispielsweise durch einen Chip, gibt es nicht. Das erschwert auch die Arbeit des 25-köpfigen Teams im Kreis Ludwigsburg.

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Die nächste professionelle Tierrettung hat ihren Sitz in Neckarsulm (Kreis Heilbronn). Der eingetragene Verein Tierrettung Unterland deckt zwar auch den Kreis Ludwigsburg ab, die Mitarbeiter haben aber einen wesentlich längeren Anfahrtsweg. „Wir sind zwar keine geschulten Sanitäter“, sagt Jahke, „aber wir haben das Netzwerk.“ Die Gruppe arbeitet zum Beispiel mit dem Tierheim in Hoheneck zusammen und vermittelt die Menschen weiter, die Fragen haben oder Hilfe brauchen.

Und oft fahren Lisa Jahke, ihr Mann oder einer der Helfer selbst los und bergen verletzte Tiere. Den Kreis haben sie aufgeteilt, die Jahkes kümmern sich beispielsweise um Bietigheim-Bissingen, wo sie auch wohnen. Oft genug müssen die Tierretter den Hunde-, aber vor allem Katzenbesitzern traurige Nachrichten vom Tod der Tiere überbringen. „Die meisten sind erst mal geschockt“, sagt Tobias Jahke. „Viele melden sich aber noch mal und bedanken sich für unsere Hilfe.“

Einige Bauhöfe helfen mit

Mancherorts im Kreis helfen auch die Bauhöfe. In Bietigheim, Sachsenheim, Oberstenfeld, Gemrigheim und Freiberg am Neckar hat die Gruppe die Mitarbeiter mit Chiplesegeräten ausgestattet. So können sie die toten Tiere direkt identifizieren. „Man hat schnell gemerkt, welche Bauhofleiter auch eine Affinität zu Tieren haben“, sagt Tobias Jahke. Diejenigen, die das nicht tun, rufen inzwischen immerhin kurz auf der extra dafür eingerichteten Telefonnummer an. Früher landeten die Tiere einfach in der Kleintierkadaverstelle beim Eglosheimer Klärwerk an der B 27.

Da die Gruppe kein eingetragener Verein ist, darf sie nur Sachspenden annehmen. Über Chiplesegeräte, Mülltüten, Handtücher, aber auch Material, das derzeit aufgrund des grassierenden Coronavirus besonders gefragt ist, wie Einweghandschuhe, freuen sich Jahke und Co. besonders. Sie sind froh, dass sie trotz Beschränkungen ihre Arbeit weiterhin machen können. Aber auch für sie gilt: Wenn es zum Kontakt mit Menschen kommt, ist Abstand geboten.

Infos

„Vermisste Tiere Kreis Ludwigsburg“ ist telefonisch unter 0152 / 57 24 11 41 zu erreichen. Hier geht es zum Internetauftritt der Gruppe.