Die Polizei zählt zu den Kunden von Heckler & Koch. Foto: dpa

Das Oberndorfer Rüstungsunternehmen Heckler & Koch hat nach zwei Jahren mit Millionenverlusten zu Beginn des Jahres wieder Gewinne eingefahren – und hofft auch im Gesamtjahr auf einen Überschuss. Der Chef des Konzerns Jens Bodo Koch sieht den Konzern wieder auf gutem Kurs.

Oberndorf - J

ens Bodo Koch, der Chef des Oberndorfer Rüstungskonzerns Heckler & Koch (H & K), hat bei der Hauptversammlung der H & K AG versucht, gute Stimmung zu verbreiten. „Wir sind wieder auf Kurs“, sagte der passionierte Segler, der im Rottweiler Badhaus am Freitag vor allem mit maritimen Bildern die jüngste Entwicklung des Rüstungskonzerns nachzeichnete – und einen Ausblick wagte. Der schwäbische Waffenhersteller habe sich bei Kochs Amtsantritt im Mai 2018 in „schwerer See“ befunden, aus der finanziellen Schieflage wolle man sich jetzt wieder herausmanövrieren, betonte Koch.

Erstmals hatte das Rüstungsunternehmen Heckler & Koch bei der jüngsten Hauptversammlung auch Journalisten zugelassen. Für den Vorstandschef Koch kein Sinneswandel, sondern eine Selbstverständlichkeit, wie er in einem kurzen Gespräch mit unserer Zeitung betonte. Der in jüngster Zeit viel beschworenen Transparenz und neuen Offenheit des Unternehmens folgen also Taten.

Entspannter Umgang mit den Kritischen Aktionären

Der Umgang mit den Kritischen Aktionären, die einen Bruchteil der etwa 27 Millionen Anteile besitzen, war zudem recht entspannt. An die 125 Fragen stellten die Rüstungsgegner in der Versammlung, auf die alle mehr oder weniger ausführlich eingegangen wurde. Im lockeren Pausengespräch sah man gar den Friedensaktivisten Jürgen Grässlin mit den Chefs von H & K beisammenstehen – ein Bild, das noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre.

Die nominellen Schulden des Unternehmens betragen rund 236 Millionen Euro – zuviel, gemessen an der Größe der Rüstungsfirma und den Umsätzen. Manch einer sieht sogar schon die Insolvenz von Heckler & Koch am Horizont aufziehen. Deshalb, so Koch, habe man „die Segel neu gesetzt“. Erste Ergebnisse der Kursregulierung: Die Organisation wurde verschlankt. Statt 51 gibt es nur noch 40 Führungskräfte.

Die Umsatz- und Ergebnissteigerung in den ersten beiden Quartalen 2019 und ein positives Ergebnis nach Steuern im ersten Halbjahr stimmten laut Koch positiv; der Auftragseingang 2018 lag bei rund 290 Millionen Euro und liegt nach den Ausführungen Kochs im ersten Quartal 2019 über den Erwartungen. Die Prognose für 2019 insgesamt sei ebenfalls positiv.

Vorstandschef ist „verhalten positiv“

Nachdem man in den Jahren 2017 und 2018 satte Verluste im zum Teil zweistelligen Millionenbereich verbuchen musste, zeigte sich Koch nun „verhalten positiv“, dass Heckler & Koch das laufende Jahr mit einem Überschuss abschließen könne. „Aufgrund verlässlicher Lieferterminzusagen und sehr guter Produkte haben unsere Kunden spürbar wieder Vertrauen in unser Unternehmen zurückgewonnen“, spielte er auf Lieferengpässe und Klagen über mangelnde Qualität in den Vorjahren an. Eine Entscheidung des Verteidigungsministeriums für das Nachfolgegewehr des G 36, um dessen Lieferung sich Heckler & Koch beworben hat, sei im zweiten Halbjahr 2019 zu erwarten.

Der Vorstandsvorsitzende bekräftigte erneut die Gültigkeit der Grüne-Länder-Strategie für die gesamte Unternehmensgruppe. Auch Brasilien oder Hongkong würden aufgrund der politischen Umbrüche dort nicht mehr beliefert. Entsprechende Anfragen habe man negativ beschieden, so Koch auf Fragen der Kritischen Aktionäre. „Wir rüsten aus, wer unsere demokratischen Werte schützt und verteidigt“, sagte Jens Bodo Koch.

Mitarbeiter arbeiten ohne Lohnausgleich mehr

Zur Kurskorrektur gehört auch der Sanierungstarifvertrag, der mit der IG Metall abgeschlossen wurde. Mitarbeiter arbeiten statt 35 jetzt 37,5 Stunden pro Woche – ohne Lohnausgleich. Führungskräfte verzichten auf 6,6 Prozent ihres Gehalts. Sonstige Gratifikationen wie Aktienpakete gibt es laut Koch weder für Vorstands- noch für Aufsichtsratsmitglieder.

Finanzvorstand Björn Krönert ging detaillierter auf die Unternehmenszahlen ein. Sein Fazit: „Der Beginn des neuen Geschäftsjahres ist vielversprechend.“ Auch er sieht Heckler & Koch wieder auf Kurs. Ganz im Gegensatz zu Jürgen Grässlin. Der zu den Kritischen Aktionären gehörende Friedensaktivist sprach von einem „Strategiedesaster“. Der Umgang mit Mitarbeitern lasse zu wünschen übrig, sagte er. Unbequeme Stimmen, wie die des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Martin Stussak, würden durch Kündigung abgestellt. Zum noch laufenden Arbeitsgerichtsverfahren wollte sich Koch nicht äußern. Er erklärte jedoch, Stussak sei nicht freigestellt, sondern weiter für das Unternehmen tätig.

Unternehmen vor 70 Jahren gegründet

Ende des Jahres feiert das Rüstungsunternehmen sein 70-jähriges Bestehen. Grässlin wollte wissen, ob auch die Kritischen Aktionäre bei den Feierlichkeiten Redezeit erhielten, damit diese keine „reine Schönwetterveranstaltung“ würden. Koch sagte zu, dies intern zu diskutieren.

Der Antrag der Kritischen Aktionäre auf Nichtentlastung des Vorstands fand erwartungsgemäß keine Mehrheit. Schließlich verfügt diese Aktionärsgruppe über gerade mal 20 bis 30 Aktien. Der von den Rüstungsgegner geforderte Opferfond wird weiterhin nicht eingerichtet.

Harald Kujat neuer Aufsichtsratschef

Mit dem General a. D. Harald Kujat erhält die H & K AG prominente Verstärkung an der Spitze des dreiköpfigen Aufsichtsrats. Kujat war von 2000 bis 2002 Generalinspekteur der Bundeswehr und von 2002 bis 2005 Vorsitzender des Nato-Militärausschusses. In sicherheitspolitischen Kreisen gilt der frühere Luftwaffengeneral als Fachmann und Vertrauensperson. Er löst den seitherigen Aufsichtsratschef Dieter John ab. Und es gibt noch einen Wechsel: Das bisherige Aufsichtsratsmitglied Jean-Christoph Arntz hat sein Amt mit Wirkung zum 11. April 2019 niedergelegt. Martin Sorg wurde zu dessen Nachfolger gewählt.