Die E-Mobilität war ein Thema der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Mobilität der Zukunft. Den Wandel gestalten.“ Foto: dpa

Baden-Württemberg schafft derzeit die Infrastruktur für E-Mobilität. Mobilitätsexperten fordern eine Reform des Personenbeförderungsgesetzes.

Stuttgart - Winfried Hermann, Verkehrsminister von Baden-Württemberg, strebt an, dass das Bundesland bei der Mobilitätswende eine führende Rolle übernimmt. „Es ist wichtig, dass sich der Wandel jetzt zügig vollzieht“, sagte der Grünenpolitiker bei der Podiumsdiskussion des Mannheimer Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

Unter dem Titel „Mobilität der Zukunft. Den Wandel gestalten“ diskutierte Hermann mit Cordula Kropp, Professorin für Technik- und Umweltsoziologie an der Universität Stuttgart, Manfred Fuhg, dem Leiter der Mobility Division von Siemens Deutschland und ZEW-Präsident Achim Wambach. Moderiert wurde die Runde von Joachim Dorfs. Der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung brachte die Problematik gleich zu Beginn auf den Punkt: „In Stuttgart zeigen sich die Probleme und Segnungen der Mobilität wie unter einem Brennglas“, so Dorfs. Einerseits habe Stuttgart mit den negativen Aspekten wie der Luftverschmutzung und langen Staus zu kämpfen. Andererseits stehe die Autoindustrie für 470 000 Arbeitsplätze allein in Baden-Württemberg, und der Wohlstand des Bundeslandes hänge ganz entscheidend vom Wohlergehen dieser Schlüsselindustrie ab.

Wie die Mobilität der Zukunft gestaltet werden muss, damit dieser Wohlstand auch in die Zukunft trägt, war die Kernfrage der Diskussionsrunde.

Baden-Württemberg schafft derzeit die Infrastruktur

Ein wichtiger Hebel dabei ist das rasche Hochfahren der E-Mobilität. „Die Bundesregierung plant mit zehn Millionen E-Autos bis 2030, davon soll jedes fünfte auf Baden-Württembergs Straßen rollen“, so Hermann. Dazu schaffe das Land derzeit die entsprechende Infrastruktur. Das ist aus Sicht von Achim Wambach genau richtig. Für die Industrie sei zwar wichtig, dass sie technologieoffen an verschiedenen Antriebsformen parallel arbeitet. „Die Politik muss sich jedoch entscheiden, welche Technologie in den nächsten Jahren die größte Rolle spielt, um den Mitteleinsatz zum Ausbau der Infrastruktur zu bündeln.“

Damit ist es nach Ansicht von Cordula Kropp aber nicht getan: „In Oslo ist jedes zweite Auto ein E-Auto“, so die Wissenschaftlerin. „In Norwegen sind die Anreize, sich ein E-Auto zu kaufen enorm.“

Anders als bei einem Verbrenner müssen Norweger bei E-Autos keine Kauf-, KfZ- und keine Mehrwertsteuer zahlen. E-Autofahrer müssen weniger Gebühren für Straßen, Fähren oder das Parken zahlen und dürfen, wenn sie nicht allein im Auto sitzen, Taxi- und Busspuren benutzen. Allein mit der Elektrifizierung sei die Verkehrswende aber noch nicht vollzogen, betonte Fuhg. Die Digitalisierung könne helfen, den Verkehr so zu steuern, dass möglichst wenig Stau entsteht und Flächen möglichst effizient genutzt werden. Hermann betonte, dass das autonome Fahren kein Allheilmittel ist: „Wenn dies zur Folge hat, dass jedes Kind mit dem autonomen Auto in die Kita fährt, haben nichts gewonnen.“ Dass ein einzelner Mensch in einem Auto, das 2,5 Tonnen wiegt, fährt, sei zu ineffizient.

Wambach plädiert für eine Mobilitätsplattform

Für intelligente, neue Angebote, die die gemeinsame Nutzung von CO2-neutralen Verkehrsmitteln ermöglichen, sei jedoch eine Reform des Personenbeförderungsgesetzes nötig, so Hermann. „Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1934 und war bislang vor allem ein ÖPNV- und Eisenbahnschutzgesetz.“

Achim Wambach plädierte dafür, dass der Öffentliche Nahverkehr zu einer Art Mobilitätsplattform ausgebaut wird, an die sich viele unterschiedliche Mobilitätsangebote anschließen und über eine App intelligent nutzen lässt.

Wambach geht nicht davon aus, dass amerikanische Fahrdienstleister wie Uber die deutschen Hersteller im Hinblick auf neue Geschäftsmodelle schon abgehängt haben. „Andere Anbieter sind im Vorteil, aber das Rennen ist noch nicht zu Ende.“