Der tägliche Stau auf der B 27 nervt nicht nur die Autofahrer, sondern auch die Rathauschefs aus Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen. Foto: Wilhelm Mierendorf

Die beiden Oberbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt fordern beim Thema Dauerstau endlich ein Ende der Kirchturmpolitik und gemeinsame Lösungen. Denn der Druck wird immer weiter steigen.

Filder - Kilometerlange Staus auf der B27 im Berufsverkehr, Autofahrer, die auf schmale Straßen in den Wohngebieten ausweichen, eine S-Bahn mit Problemen bei der Pünktlichkeit: Der zunehmende Verkehr nervt Pendler und Anwohner und führt auch in der Kommunalpolitik dazu, dass in der Öffentlichkeit ungewohnt deutliche Worte fallen.

Immer wieder hatte beispielsweise Roland Klenk mehr Unterstützung für die besonders belasteten Kommunen auf den Fildern gefordert. „Es ist eine Last, die man für andere trägt, insbesondere für die gute Luft in Stuttgart“, hatte der Bürgermeister von Leinfelden-Echterdingen kürzlich unserer Zeitung gesagt und damit auf das marode P+R-Parkhaus in Echterdingen abgehoben, das die Stadt einst für einen Symbolpreis übernommen hatte. Es ist wegen seines Zustands teilweise abgesperrt, zudem sehr eng, wie Schrammen an den Zufahren zeigen. Ein möglicher Ersatz ist teuer und wegen der Lage über den Gleisen schwierig zu bauen. Auch Stadträte der Kommune hatten immer wieder betont, dass man der Landeshauptstadt Verkehr erspare, die Kosten dafür aber an L.-E. hängen bleiben würden.

München zeigt, wie man es besser machen kann

Für Klenk geht die Entwicklung beim Kraftfahrzeugverkehr in Richtung Kollaps – wenn auch nicht von heute auf morgen. „Da helfen auch Elektromobilität und autonomes Fahren nicht viel“, sagt der Rathauschef. „Wir brauchen viel mehr leistungsfähige öffentliche Verkehrsmittel.“ Zudem fehlte in erster Linie die koordinierende Planung, die alle Verkehrsarten auf den Fildern über die Gemarkungsgrenzen hinweg vorausschauend betrachtet, kritisiert Klenk. Die könnte der Regionalverkehrsplan für die Filder darstellen und damit die Region übernehmen. Offen ist für Klenk die Frage, ob das personell und politisch zu bewältigen ist. „Mir erscheint dieser Plan mit 280 unterschiedlichen Infrastrukturmaßnahmen schon überfrachtet“, sagt Klenk und kritisiert die Dauer des 2011 eingeleiteten Verfahrens. „Der Entwurf stammt von 2016, im Frühjahr 2017 haben wir unsere Stellungnahme abgegeben“, sagt der Oberbürgermeister. Am vergangenen Mittwoch wurde die Fortschreibung dann endlich in der Regionalversammlung beschlossen.

Verbesserungen mahnt Klenk auch bei der Struktur des ÖPNV an. „Der VVS plant und betreibt die S-Bahnen, die SSB die Stadtbahnen, die Landkreise die Buslinien; die Expressbusse werden wieder von der Region gesteuert“, schildert er die aktuelle Situation. In München sei das alles inklusive Car- und Bike-Sharing in einer Hand, führt Klenk an.

Bund, Land, Region und Kommunen müssen zusammenarbeiten

Auch dem Filderstädter Oberbürgermeister Christoph Traub fehlt es am Zusammenwirken von Bund, Land und Region mit der Kommune, um die Probleme zukunftsgerecht zu besprechen. „Keine Ebene kann die Herausforderungen zwischen Luftreinhaltung und prosperierendem Wirtschaftsstandort alleine lösen“, betont Traub. Fragen im Sinne von Generationengerechtigkeit, Klima- und Ressourcenwandel, aber auch zur Flächen- und Immobilienentwicklung sollten erlaubt sein, ohne das große Ganze in Frage zu stellen.

„Der Verband Region Stuttgart lässt die Filder nicht alleine“, sagt hingegen der Technische Direktor vom Verband Region Stuttgart, Thomas Kiwitt, und zählt verschiedene Projekte auf, wie die Verlängerung der S-Bahn nach Neuhausen und die kommende Verkehrsdrehscheibe am Flughafen auf. Außerdem sei man gerade dabei, das Thema Park and ride effizienter zu organisieren. Zudem verhindere man als Region, dass Trassen zugebaut werden. „Es ist ohnehin schon schwer genug, diese im Ballungsraum zu finden“, betont Kiwitt und spricht davon, dass die Dynamik auch von den Fildern ausgehe – und nicht weniger werden wird. „Der Druck durch den ICE-Halt wird enorm“, prophezeit Kiwitt und führt zusätzlich das Spannungsfeld zwischen Ballungsraum und dörflichen Strukturen an. „Es hat bis jetzt gedauert, bis die Kommunen darauf planerisch reagieren“, sagt der Verbandsdirektor.

Stuttgart will die Kritik aus L.-E. nicht stehen lassen

In Stuttgart hebt man auf die Zusammenarbeit im Kommunalen Arbeitskreis Filder (KAF) ab, wo die Kommunen an den gemeinsamen Themen grenzübergreifend und kollegial kooperieren würden, wie die Pressestelle der Landeshauptstadt sagt. „Bei der Betrachtung des gesamten Verkehrs und der nachhaltigen Mobilität arbeitet man bereits bei vielen Projekten zusammen“, sagt die Pressesprecherin Jasmin Bühler und ist damit ganz anderer Meinung als Klenk. Projekte mit Auswirkung auf andere Kommunen würden mit diesen abgestimmt, ergänzt sie und führt die Planungen im Bereich der Nord-Süd-Straße von Vaihingen und Möhringen kommend an. Nach ihren Worten ist der KAF eine gute Plattform für die gemeinsame Zusammenarbeit, und er sei dabei, bei vielen Projekten noch enger zu kooperieren.

Klenk sieht zumindest einen Silberstreif am Horizont über seinem Ort. „Das Verkehrsministerium ist aufgewacht“, sagt er angesichts zweier Gesprächsrunden. Und auch zwischen den Baubürgermeistern von L.-E. und Stuttgart gebe es nun Gespräche.