Eine Niederflurbahn wie in Straßburg oder die Hochflurbahn der SSB aus Stuttgart? Vor dieser Frage stehen die Kommunalpolitiker in Ludwigsburg. Foto: Horst Rudel, Lichtgut/Achim Zweygarth   Montage: Hansen

Gut 600 Zuschauer sind zum Infoabend zur Stadtbahn in Ludwigsburg gekommen. Der Showdown bleibt aus, vielmehr deutet sich ein Kompromiss zwischen Landrat und OB an.

Ludwigsburg - Stadtbahn oder Schnellbus, Hochflur oder Niederflur? Die Frage, mit welchem System die Verkehrsprobleme im Kreis Ludwigsburg bekämpft werden sollen, dominiert derzeit die politische Debatte. Kaum ein Platz bleibt leer beim großen Infoabend am Mittwoch im Ludwigsburger Reithaus. Die lokale Politprominenz ist zahlreich vertreten, viele Stadträte aus den Nachbarkommunen, viele Bürger. Ein Showdown zwischen Landrat Rainer Haas und OB Werner Spec wird es nicht, eher ein diplomatisches Geplänkel. Die Zuschauer kommen gar nicht erst zu Wort – sie dürfen ihre Fragen lediglich schriftlich abgeben. In einigen Tagen will die Stadt die Antworten nachreichen: auf einer neuen Plattform im Internet.

Der Showdown zwischen Landrat und OB bleibt aus

Dementsprechend unaufgeregt verläuft der Abend, und es ist der Landrat, der die große Bühne am lautesten bespielt. Um für sein Herzensprojekt zu werben, die Hochflur-Stadtbahn von Remseck bis Markgröningen – diese Variante dominiert auch die anderen Vorträge. Martin Arnold vom Planungsbüro Intraplan gibt der Ausweitung der SSB-Bahn ebenso das Prä wie erwartungsgemäß Wolfgang Arnold, der SSB-Technikvorstand. Die von den Grünen vorgeschlagene Niederflur-Variante spielt eine untergeordnete Rolle, und so werden über zwei Stunden weitgehend bekannte Fakten ausgebreitet.

Interessant zu beobachten ist das Verhalten der politischen Alphatiere, Landrat und OB. Der eine plädiert klar für die SSB-Stadtbahn, während der andere sich im Vorhinein für eine Schnellbus-Variante stark gemacht hatte. Am Mittwoch tritt Spec auffallend zurückhaltend auf, und so ist es an dem Verkehrsexperten Peter Sautter, für die Busse zu werben. Doch dessen Vortrag wirkt fahrig. Sautters Aussage, für zusätzliche Busspuren müssten Bäume gefällt und Parkplätze in Ludwigsburg geopfert werden, provoziert Unruhe im Saal.

Und dann, ganz am Ende des Abends, kommt es doch noch zu einer Art Dialog zwischen Haas und Spec. Auslöser ist die schriftlich eingereichte Frage eines Bürgers: „Was passiert denn eigentlich bei einem Patt im Ludwigsburger Gemeinderat?“ Dies nutzt der Kreischef zu einem flammenden Appell: „Wenn wir jetzt nicht entscheiden, gehen die Zuschüsse flöten“, ruft er in den Saal, „das Geld fließt dann in andere Bundesländer.“

Das richtet sich gegen den neben Haas stehenden OB. Doch dann deutet der Landrat einen Kompromiss an, den er mit Spec „eben auch schon abgestimmt“ habe. Als da wäre: Eine SSB-Stadtbahn mit Hochflurbahnsteigen, die durch Ludwigsburg fährt – ergänzt durch Schnellbusse, um die City und die Weststadt zu erschließen.

Viele Fragezeichen hinter möglichem Kompromiss

Ist das ein historischer Durchbruch, der sich da andeutet? Das würde zu den Äußerungen der Freien Wähler und Teilen der CDU in Ludwigsburg passen, die lange gegen jede Form von Stadtbahn in der City waren, sich nur aber ein Einlenken auf eine abgespeckte Planung vorstellen können. Spec geht in seinem Schlusswort nicht direkt darauf ein, gibt sich aber versöhnlich: „Es geht nicht darum, wer Recht hat. Es geht darum, die beste Lösung zu finden.“ Dass sich der Landrat offen zeige für Kombinationslösungen, könne zu einer Win-Win-Situation führen, dann drohe auch kein Patt im Gemeinderat.

Viele Fragen bleiben weiter ungeklärt. So wäre eine SSB-Stadtbahn, die nur von Remseck bis Ludwigsburg fährt und dann mit Schnellbussen bis Markgröningen geführt wird, nicht mehr wirtschaftlich. Wo in der engen Barockstadt Platz für zusätzliche Busspuren sein soll, bleibt ebenfalls offen. Genauso wie die Frage, wie die Stadtbahn am Bahnhof vorbeikommen soll. Spec hat versichert, dass vor einer Entscheidung des Gemeinderat noch eine intensive Bürgerbeteiligung vorgesehen sei.

Und was sagen die Bürger nach der Veranstaltung? Christine Boguschewski aus Ludwigsburg meint: „Das war eine reine Wahlveranstaltung für die Hochflurbahn, fast schon penetrant.“ Gert Müller-Winkle erklärt: „Am Anfang war ich klar für die Niederflur-Variante. Jetzt denke ich, dass wir an Hochflur nicht vorbeikommen.“ Manchem schwirrt angesichts der Faktenflut auch der Kopf, wie etwa Wolfgang Winkler: „Ich weiß jetzt gar nichts mehr. Alle Lösungen haben viele Nachteile, ich bin jetzt erst recht ratlos.“