In Stoßzeiten staut sich der Verkehr in Vaihingen und Möhringen (im Bild die Gemarkungsgrenze kurz vor dem Abzweig zur Nord-Süd-Straße). In einer aktuellen Beschlussvorlage beschreibt die Verwaltung, wie das besser werden soll. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Verwaltung erntet viel Kritik für ihren Vorschlag, den Ausbau des nördlichen Teils ad acta zu legen. Nach dem Unternehmer Andreas Lapp melden sich nun auch der WIV-Vorsitzende Günter Sabow und mehrere Stadträte zu Wort.

Vaihingen/Möhringen - Günter Sabow ist ein Diplomat. Laut wird der Vorsitzende der Wirtschafts- und Industrievereinigung (WIV) eigentlich nie. Auch dann nicht, wenn er eine Sache wirklich nicht verstehen kann und sich gründlich darüber ärgert. So zum Beispiel über die Beschlussvorlage der Stuttgarter Verwaltung zum Verkehrskonzept für den Synergiepark. Mit einem Satz, der auf Seite 8 ganz oben steht, verabschiedet sich die Verwaltung dort vom dreispurigen Ausbau der nördlichen Nord-Süd-Straße. Wörtlich heißt es dort: „Zugunsten des Radschnellwegs und unter Berücksichtigung der hier noch vorhandenen Kapazitätsreserven wird der noch im Entwurf des Verkehrsstrukturplans angedachte, durchgehend dreistreifige Ausbau der Nord-Süd-Straße im Abschnitt Industriestraße bis Vaihinger Straße nicht mehr weiterverfolgt.“

Sabow seufzt und spricht von einem „Schicksalsstraßenstück“, das kein „Nadelöhr“ bleiben dürfe. Außerdem hält er es für wenig geglückt, einen Radweg direkt neben einer sehr stark befahrenen Straße entlangzuführen.

Der Unternehmer Andreas Lapp formuliert einen offenen Brief

Schon kurz nachdem die Vorlage Mitte März öffentlich geworden war, hatte sich der Möhringer Unternehmer Andreas Lapp in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Baubürgermeister Peter Pätzold gewand. Die Betreffzeile war unmissverständlich: „Gewerbegebiet Vaihingen/Möhringen in Gefahr! Ich bitte um Ihre Hilfe!“, lautete diese. Schon heute sei bekannt, dass sich mit der Ansiedlung neuer Unternehmen die Zahl der Beschäftigten spätestens bis 2030 auf dann etwa 40 000 Menschen verdoppele, kritisierte der Vorstandsvorsitzende der Lapp Holding in dem Schreiben und prophezeite noch mehr Staus.

Rückendeckung bekommen Sabow und Lapp nun von mehreren Fraktionen aus dem Gemeinderat. Die CDU hat gemeinsam mit den Freien Wählern und der FDP einen Antrag formuliert. Der Vaihinger Betreuungsstadtrat Jürgen Sauer findet deutliche Worte. Er kritisiert den Umgang der Verwaltung mit dem Gemeinderat und den Unternehmen. Denn der Ausbau der nördlichen Nord-Süd-Straße werden quasi versteckt als Randbemerkung ad acta gelegt. „Wir wollen mit allem Nachdruck versuchen, das zu korrigieren“, erklärt Sauer.

Im Antrag heißt es wörtlich: „Wir sind nicht bereit, diese überraschende Wende zu akzeptieren oder gar mitzutragen.“ Der entsprechende Satz müsse komplett aus der Vorlage gestrichen werden, fordert die CDU. Statt dessen sei zu formulieren: „Für den Streckenverlauf des vorgeschlagenen neuen Radschnellweges entwickelt die Verwaltung einen geeigneten Vorschlag, der nicht in Konkurrenz zum Ausbau der Nord-Süd-Straße auf diesem Streckenabschnitt steht, der im Sinne des Gesundheitsschutzes der Radfahrer nicht direkt neben der stark befahrenen Straße liegen und der existierende Radwege mit einbeziehen sollte.“ Außerdem sollen die Planungen für einen weiteren Ausbau der Nord-Süd-Straße schneller vorangetrieben und zusammen mit den Vaihinger und Möhringer Bezirksbeiräten sowie den Unternehmen vor Ort ein Parkkonzept erarbeitet werden.

Zwei Anträge mit der gleichen Stoßrichtung

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Körner, der für das Amt des Stuttgarter Oberbürgermeisters kandidiert, startete Anfang dieser Woche seine Stadtteiltour. Bei einem Gespräch mit Günter Sabow betonte er: „Die Stadt hat im Synergiepark die schwierige Aufgabe, den gewollten Ausbau der Arbeitsplätze mit einer vernünftigen Verkehrs- und Wohnungspolitik zu verbinden.“ Er sei froh, dass in dem Gewerbegebiet viele neue Arbeitsplätze entstehen. Doch dies dürfe nicht in einem Verkehrschaos enden. Körner plädierte für arbeitsplatznahe Wohnungen, beispielsweise auf dem Eiermann-Campus, sowie für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Radinfrastruktur.

„Zur Wahrheit gehört aber auch, dass bei einer Verdopplung der Arbeitsplätze Vaihingen und Möhringen im Verkehr ersticken, wenn wir nicht auch die Nord-Süd-Straße ausbauen“, ergänzte Körner. Er hatte den druckfrischen Antrag seiner Fraktion dabei. Im Vergleich zu dem interfraktionellen Antrag von CDU, FDP und Freien Wählern ist dieser weniger scharf formuliert. Die Stoßrichtung ist aber die gleiche. Die Möglichkeit eines dreispurigen Ausbaus der nördlichen Nord-Süd-Straße dürfe nicht verbaut werden, so die Forderung. Die Planungen für eine Ertüchtigung der Straße sollen schneller vorangetrieben und gemeinsam ein Parkkonzept erarbeitet werden.

Der Wohlstand hänge am seidenen Faden, sagt Lapp

Andreas Lapp reagierte prompt auf die beiden Anträge: „Ich bin der CDU und SPD sehr dankbar, dass sie sich für den beidseitigen Ausbau der Nord-Süd-Straße einsetzen. Das ist ein wichtiges Zeichen an die Stadtverwaltung, endlich die Belange der Gewerbetreibenden und Beschäftigten im Synergiepark sowie der Vaihinger und Möhringer Bürger wahrzunehmen und entsprechend zu handeln“, teilt er mit. Der Wohlstand der ganzen Stadt Stuttgart hänge derzeit an einem seidenen Faden. Und dieser Faden heiße Wirtschaft. „Es gilt deshalb, Fehlentscheidungen in der Verkehrsinfrastruktur zu verhindern. Nur eine zukunftsfähige Verkehrsplanung sichert langfristig den Wirtschaftsstandort im Synergiepark und damit auch die Arbeitsplätze.“