Der 33-jährige Syrer Khaled Alafaat kann nur mit der Hilfe seiner Familie Dusche und Toilette benutzen, sein elektrischer Rollstuhl ist im Lager am Strand nutzlos. Foto: Rehman

Ein Jahr nach dem Brand in dem Geflüchtetenlager auf Lesbos leben noch 5000 Geflüchtete ohne Perspektive auf der Insel. Ein Besuch im Ausweichlager offenbart Lebensbedingungen, die man aus dem Blickfeld der Griechen und Touristen lieber verbannen will.

Mytilini - Zwei Männer stützen Khaled Alafaat, als er aus seinem elektrischen Rollstuhl heraus die Stützstangen ergreift. Dann zieht sich der 95-Kilogramm schwere Mann hoch und zwingt einen Fuß vor den anderen. „Nur noch einen Schritt“, den Satz sagt der Syrer dabei wie ein Mantra auf. Zwei Krankenschwestern und ein Helfer packen im Nebenzimmer der Physiotherapeutenpraxis von „Earth Medicine“ in der größten Stadt der griechischen Insel Lesbos, Mytilini, mit an, um die 61-jährige Afghanin Fatima Rezaie aus ihrem Rollstuhl heraus auf einer Liege abzulegen. Dem Körper der kleinen Frau fehlt nach einem Schlaganfall jede Muskelspannung. Er liegt völlig schlaff in den Armen der Helfer. Sie ächzen, als trügen sie einen Sack Zement. Die Afghanin ist seit dem Schlaganfall stumm. Sie hält während der Prozedur ihre Augen fest geschlossen.