Ein 60-jähriger Mann hat sich wegen des Besitzes kinderpornografischer Dateien vor dem Amtsgericht Schorndorf verantworten müssen. Foto: Pascal Thiel

Ein 60-Jähriger ist vom Amtsgericht Schorndorf wegen Besitzes kinderpornografischer Dateien zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Sexueller Missbrauch konnte ihm nicht nachgewiesen werden.

Schorndorf - Wir sehen hier in einen Abgrund, das Gericht ist fassungslos“ – diese Worte hat die Schorndorfer Amtsrichterin Doris Greiner am Ende eines Verfahrens gebraucht, bei dem das Schorndorfer Schöffengericht unter ihrem Vorsitz einen 60-jährigen Mann zu 16 Monaten Haft auf Bewährung und 3000 Euro Zahlungsauflage verurteilt hat. Nachgewiesen werden konnte ihm, rund 400 Dateien mit kinderpornografischen Inhalten auf seinem Computer gespeichert und weiterverschickt zu haben. Bei Zeugenaussagen deutete sich an, dass sich der Mann möglicherweise des sexuellen Missbrauchs an seiner Tochter schuldig gemacht hat, was jedoch letztlich nicht ins Urteil einfloss. Der Staatsanwalt sah „erhebliche Widersprüche“ in den Aussagen der Zeugen, zudem gehöre dieser Vorwurf „nicht zum eigentlichen Anklagekern“.

Kinderpornos über Chats getauscht

Die heute 21-jährige Tochter, die nicht mehr in der Region lebt, war von der Polizei vor eineinhalb Jahren eher am Rande befragt worden. Ihr Vater hatte eine E-Mail-Adresse mit ihrem abgewandelten Namen benutzt, um kinderpornografischen Dateien über diverse Chat-Portale zu tauschen. Die damals 16-Jährige hatte nach einem Streit mit ihrer Mutter 2010 für einige Monate gemeinsam mit ihrem Vater in dessen Wohnung gelebt. Der 60-Jährige ist geschieden, er hat drei Kinder aus jeweils unterschiedlichen Beziehungen.

Die abgründigsten Schilderungen kamen von seinem Sohn, der damals mit in der Wohnung lebte: Der Mann habe in der Wohnung seinen Computer an den Fernseher angeschlossen und sich oft in Chatforen aufgehalten, in denen auch Kinder angemeldet sind. „Immer, wenn ich ins Wohnzimmer hinein kam, wurde schnell das Chatfenster geschlossen“. Selbst Freundinnen des Sohnes habe er belästigt. „Eine von ihnen hat sich von mir getrennt, nachdem er sie im Chat auf die Hotpants angesprochen hat“, so der Sohn.

Zudem habe die jüngere Tochter des Mannes laut Aussage des Sohnes kein eigenes Schlafzimmer gehabt, der Vater sei nachts neben ihr gelegen – in einem großen Prinzessinnenbett. Aus dem Zimmer seien nachts Geräusche zu hörten gewesen, die auf sexuelle Handlungen hindeuteten, sagte der Sohn. „Ich habe auf meinem Bett gesessen und geweint“. Seine Mutter und seine andere Schwester, die er darauf angesprochen hätte, hätten behauptet, die Geräusche rührten daher, dass das Mädchen geweint habe. „Ich glaube das nicht, das kann ich unterscheiden.“

Die junge Frau ringt nach Worten

Die Tochter selbst hatte in ihrer Aussage darauf beharrt, sie habe nur anfangs das gleiche Schlafzimmer wie ihr Vater benutzt, dann jedoch nicht mehr. Es habe nur zwei Vorfälle geben, sagte sie, ihr Vater habe sie, als sie geschlafen habe, nachts aufgedeckt und sie mit der Hand im Intimbereich berührt, wovon sie wach geworden sei. Als die Richterin Doris Greiner sie mit Widersprüchen zu ihren Aussagen bei der Polizei konfrontierte, schwieg die junge Frau erst lange, rang dann nach Worten und begann zu schluchzen. Zweimal musste die Verhandlung unterbrochen werden.

Der Verteidiger des 60-Jährigen sprach von einem „großen Belastungseifer“ der beiden Kinder. Auch, wenn sie Widersprüche in den Aussagen sehe, halte sie diese für nicht gelogen, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Es sei erkennbar gewesen, dass sich Sohn und Tochter nicht aus Rache abgesprochen hätten. Trotzdem könne kein eindeutiger Nachweis darüber erbracht werden, sondern nur jener über die kinderpornografischen Dateien, von denen jedes Bild und jeder Film für eine schwere Straftat stehe. „So ist nun mal unser Rechtsstaat“, sagte Doris Greiner. Der Mann muss sich in den nächsten drei Jahren einer Sexualtherapie unterziehen und diese dem Gericht nachweisen.