Muss gehen: Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Foto: dpa

Es gibt Versuche von vielen Seiten, das Bundesamt für Verfassungsschutz zu politisieren. Dessen Chef Hans-Georg Maaßen hat ihnen Vorschub geleistet. Gut, dass er geht, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart. - Den Innenminister hat Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen überzeugt. „Seit vielen Monaten durch seine Arbeit“, wie Horst Seehofer sagt. Genutzt hat ihm das am Ende nichts, Maaßen muss gehen. Denn andere hat er weniger überzeugt. Dass er jetzt – als Staatssekretär im Innenministerium – mehr umgetopft statt rausgeworfen wird, ist allein der Koalitionshygiene geschuldet.

Missverständlich oder missverstanden?

Wie bedacht, wie missverständlich oder missverstanden die Interview-Äußerung war, mit der Maaßen jene Lawine lostrat, die ihn aus dem Amt reißt, spielt für die Berechtigung seiner Entlassung eine nachgeordnete Rolle. Zwar verwundert es, dass ein Jurist auf diesem Berufsniveau so öffentlich wie beweislos vor sich hin schwadronierte, die Tötung eines Deutschen in Chemnitz mutmaßlich durch Flüchtlinge sei ein Mord, obwohl es die zuständige Staatsanwaltschaft anders sieht. Und dass er Anhaltspunkte für „Hetzjagden“ auf ausländisch Aussehende nach der Tat in Zweifel zog. Aber viel schwerer wiegt: Maaßen hat sich zu einem extrem heiklen Thema, das nicht das Thema seiner Behörde war, in die Tagespolitik gemischt. Er hat das Bundesamt für Verfassungsschutz politisiert. Er hat es beschädigt.

Aufmärsche von Nazis und AfD-Abgeordneten

Dieser Fehler wiegt umso schwerer, als es gerade in diesen Wochen Versuche von so vielen Seiten gibt, genau dasselbe zu machen. Um es ganz klar zu sagen: Selbstverständlich werfen Nazi-Aufmärsche wie in Chemnitz, denen als besorgte Bürger getarnte Nazi-Mitläufer und Abgeordnete der baden-württembergischen AfD-Landtagsfraktion folgen, die Frage auf: Gibt es da intern noch Unterschiede und Grenzen? Aber die Frage, ob die AfD ein Fall für den Verfassungsschutz ist oder nicht, hat der Verfassungsschutz zu beurteilen, niemand sonst. Ein überzeugender Präsident hätte diese Souveränität des Amtes vehement verteidigt. Maaßen hat das Gegenteil getan.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de