Bald im Visier des Verfassungsschutzes? – Die AfD will sich dagegen wehren. Foto: dpa

Die drohende Beobachtung durch den Verfassungsschutz wird für die AfD zur Gratwanderung. Nach außen klagt sie über ein politisches Manöver der Gegner. Gleichzeitig aber drängt sie einzelne Mitglieder zum Austritt.

Berlin - Die Aussicht, vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden, bringt die AfD offenkundig nach außen und innen unter erheblichen Handlungsdruck. Die Partei scheint entschlossen zu sein, sich politisch und juristisch mit allen Mitteln gegen eine Beobachtung zu wehren, wie die Verantwortlichen am Montag in Berlin deutlich machten.

Mit einer Kampfansage reagierte Parteichef Alexander Gauland: „Wir halten an unserem Programm uneingeschränkt fest“, sagte er zur politischen Linie der AfD. „Wir lassen uns nichts von unserem Programm abhandeln. Und wer versucht, die freiheitlich-demokratische Grundordnung so zu interpretieren, dass eine illegale Masseneinwanderung dazugehört, liegt falsch. Deutschland in ein Nationalstaat und kein Siedlungsgebiet.“ Sein Co-Vorsitzender Jörg Meuthen kündigte an, die Partei werde Klage vor dem EU-Menschenrechtsgerichtshof gegen Beobachtung durch den Verfassungsschutz einreichen. Eine Beobachtung sei ungerechtfertigt. „Wir sind als Partei aus Protest gegen Rechtsbrüche entstanden. Wir begehen nicht Rechtsbrüche, wir sind diejenigen, die sie anprangern.“

Gedeon soll weichen

Gleichzeitig allerdings scheint die AfD in den eigenen Reihen durchaus Handlungsbedarf zu sehen und ergreift dazu verschiedene Maßnahmen, was wiederum an der Basis auf Widerspruch stößt. In den vergangenen Wochen seien einzelne Mitglieder, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung stellten, zum Austritt bewegt worden, sagte Meuthen. Er ist Mitglied einer internen Arbeitsgruppe, welche die Partei gegen eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz rüsten soll. Die Gruppe sammelt derzeit auch alle laufenden Parteiausschussverfahren – der einzige namentlich bekannte AfD-Politiker, gegen den ein neuerliches Verfahren läuft, ist der baden-württembergische Abgeordnete Wolfgang Gedeon, der sich wiederholt antisemitisch geäußert hatte. Meuthen betonte, die Partei werde sich nun nicht in eine „Welle von Parteiausschlussverfahren drängen lassen“.

Meuthen betonte, Auftrag der Arbeitsgruppe sei es, sich mit allen Mitteln gegen eine Beobachtung zur Wehr zu setzen und „mögliche Anhaltspunkte“ abzustellen. Zuletzt hatten am Wochenende Berichte über ein internes Gutachten für Aufregung gesorgt, in dem der Rechtswissenschaftler Dietrich Murswiek Beispiele von Aussagen auflistet, die von dem Geheimdienst als verfassungsfeindliche Bestrebung angesehen wurden. Dazu gehören Pauschalurteile wie die Kriminalisierung von Flüchtlingen. Meuthen sagte dazu am Montag, in seiner Partei existiere keine Wortwahl, mit der Migranten kriminalisiert würden. Mehrere Medien hatten berichtet, der Staatsrechtler gehe davon aus, dass eine Beobachtung der AfD gerechtfertigt sei, was die AfD zurückwies.

Höcke kritisiert „politische Bettnässerei“

Daraufhin hatten sich prominente Vertreter des ultrarechten Randes der Partei wie der Thüringer Landesvorsitzende Björn Höcke scharf gegen die Linie des Vorstands gewehrt. Die Angst vor dem Verfassungsschutz bezeichnete er als „politische Bettnässerei“. Gauland kritisierte Höcke für diese Wortwahl und kündigte ein Gespräch an. Den so genannten „Stuttgarter Aufruf“, den Mitglieder vor einigen Wochen gestartet hatten und der sich gegen „Denk- und Sprechverbote“ in der Partei wehrt, wollten die Vorsitzenden nicht bewerten.

Die AfD wies am Montag die Behauptung als falsch zurück, dass das Gutachten Murswieks Handlungsempfehlungen beinhalte. Allerdings will die Arbeitsgruppe sehr wohl ihre Mitglieder für die rechtlichen Grenzen sensibilisieren und eine Art Handreichung mit Verhaltensregeln und -grenzen erarbeiten, um das Risiko einer Beobachtung zu begrenzen.

Hierzu soll auch eine weitere externe Expertengruppe eingesetzt werden. Auch hat die Partei ihre so genannte Unvereinbarkeitsliste unlängst um die Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“ erweitert, mit der gemeinsam Spitzen der AfD noch kürzlich in der Stadt demonstriert hatten. Wer einer Organisation angehört, die auf dieser Liste steht, kann nicht Mitglied der AfD sein.

In der Bundestagsfraktion soll sich in dieser Woche laut Gauland der Abgeordnete Stefan Keuter erklären. Der hat Recherchen des „Stern“ und des Recherchezentrums „Correctiv“ zufolge über Whatsapp Hitlerbilder an einen Mitarbeiter verschickt. Er selbst habe erklärt, die Bilder zur Auswertung an den Mitarbeiter gesendet zu haben, der das politische Spektrum von links bis rechts beobachtet habe.