In der Küche der Fluggesellschaft Emirates in Dubai werden pro Tag im Schnitt 153 000 Mahlzeiten gekocht. Das Essen für die Gäste der First Class und der Business-Class wird auf Porzellantellern angerichtet. Foto: Emirates

Wo kommt das Essen, das über den Wolken serviert wird, eigentlich her? Ein Besuch im größten Airline Catering Center der Welt in Dubai.

Dubai - Gleichmäßig zieht Ahmad mit seinen Händen die Knochen aus den gekochten Lammfleisch-Keulen - Stück für Stück. Den Besuchern lächelt er für einen kurzen Moment zu, als sie den Raum betreten. Dann richtet der junge Mann mit weißem Kittel, weißer Schürze und blauen Handschuhen den Blick wieder nach unten, aufs Fleisch. Ahmad ist einer von rund 8500 Mitarbeitern, die im Catering Center der Emirates Group angestellt sind. Die Produktionsstätte ist nach eigenen Angaben die modernste und von den produzierten Mahlzeiten her das größte Airline-Catering-Anlage der Welt. Auf den 50 000 Quadratmetern in vier Stockwerken wird die Wäsche gesammelt, Geschirr gespült, die Duty-free-Waren verstaut und das Essen für die Emirates-Flüge, die Emirates-Lounge sowie externe Veranstaltungen gekocht.

Die Essenszubereitung ist in unterschiedliche Sektionen unterteilt: Metzgerei, Bäckerei, kalte Küche und warme Küche, die wiederum noch einmal nach Regionen getrennt ist. Es stehen eigene Kochbereiche für die Zubereitung chinesischer, japanischer, indischer, arabischer und europäischer Gerichte zur Verfügung. „Das ist für einen Koch, der Neues lernen will, ideal“, sagt Haiko Schäfer, der im Bereich Warme Küche arbeitet: „Dass wir verschiedene Küchen haben, bietet allen Mitarbeitern Abwechslung und Spaß.“ Der 33-Jährige ist einer von zwei deutschen Chefköchen im Emirates Flight Catering Center, insgesamt gibt es 30. Die Kochexperten stammen aus der ganzen Welt und bringen Rezepte und Know-how aus ihren jeweiligen Ländern mit. Gemeinsam mit den sogenannten In-Flight-Managern tüfteln die Küchenchefs in Workshops mehrmals im Jahr für alle 145 Strecken, die Emirates bedient, einen neuen Speiseplan für First-, Business- und Economy-Class aus. Das Essen der Passagiere wechselt alle drei Monate.

Ein arabisches und ein lokales Gericht

Die Speisen für die Crewmitglieder ändern sich sogar nach jeder Woche - das bedeutet: Piloten und Flugbegleiter essen nicht das Gleiche wie die Passagiere. „Für die Crew gibt es leichte Küche auf Business-Class-Niveau“, sagt Schäfer. Exakt 2227 verschiedene Gerichte haben die Caterer im vergangenen Jahr hergestellt. Die Menüs werden immer mit Blick auf die Destinationen und die Herkunftsprofile der Passagiere entworfen. „Wir haben auf jedem Flug ein Gericht, das auf dem Passagier-Mix beruht, sowie ein arabisches und ein lokales Gericht, das typisch ist für das Land, in das es geht“, erklärt Schäfer. So gibt es bei einem Flug nach Italien zum Beispiel Pasta und auf Reisen nach Indien ein Curry. Bevor die Menüs endgültig feststehen, werden die Rezeptvorschläge in den Workshops Probe gekocht - und getestet.

Um möglichst bordgetreu servieren zu können, wird beim Probekochen derselbe Ofen genutzt wie im Flugzeug. „Das ist spannend“, sagt Schäfer. Aber nahezu immer gut. Nur in den seltensten Fällen entscheide man sich gegen eine Kreation. Wichtig sei bei allen Gerichten für die Flüge, dass sie mehr gewürzt werden, als sie es am Boden würden. „Die Geschmacksnerven nehmen oben in der Luft alles anders wahr“, sagt Schäfer. Das ist auch das Geheimnis, warum vielen Passagieren der Tomatensaft im Flieger schmeckt, am Boden aber nicht. Der Blick von Haiko Schäfer schweift durch die arabische Küche. Eigentlich hat er an diesem Vormittag frei - trotzdem schaut er seinen Kollegen kurz über die Schulter. Es ist Teil seines Jobs. Dass er selbst stundenlang hinter einem Herd oder an einem Ofen steht, kommt nur selten vor.

Es sind die Kollegen wie Ahmad, die die vorgegebenen Rezepte umsetzen. Ahmad bereitet Gerichte in der arabischen Küche zu, die ein paar Stunden später an Bord eines Emirates-Flugs serviert werden. Nur eine Tür und etliche Meter weiter steht ein Kollege in der italienischen Küche vor einem riesigen Behälter mit Tomatensoße. Im Licht der Neonröhren glitzern kleine Schweißperlen auf seinen Wangen. Der Gummizug seiner weißen, leicht durchsichtigen Haarhaube schimmert etwas dunkler. Kein Wunder, vor dem Herd ist es ziemlich heiß. Fast so heiß wie hinter dem schmalen Fenster in der brütenden Mittagssonne von Dubai. Aber der junge Koch lässt sich davon nicht beirren. Mit beiden Händen bewegt er eine schwere Küchenmaschine in Form einer liegenden Acht durch die Soße. Das Gerät vor ihm sieht aus wie eine Mischung aus Presslufthammer und Bazooka.

Am Tag starten durchschnittlich 422 Flugzeuge

In Wirklichkeit ist es ein gigantischer Pürierstab. „Bei uns hier ist eben alles eine Nummer größer“, sagt Schäfer. Der deutsche Küchenchef hat sich inzwischen an die gigantischen Maschinen gewöhnt. Als er vor acht Jahren im Emirates Flight Catering Center in Dubai begann, sei die Größe der Küche und der Geräte allerdings „ein ganz schöner Schock“ gewesen, sagt der Zweimetermann, der zuvor im Hamburger Gourmetrestaurant Landhaus Scherrer gearbeitet hat. Sein Arbeitsplatz ähnelt zwar dem in einem Hotel oder einem großen Restaurant, aber die Dimensionen sind noch mal andere: die Töpfe, die Öfen und auch die Arbeitsflächen, alles ist größer. Und das muss es auch sein. Auf dem internationalen Flughafen in Dubai - der Heimat und dem Drehkreuz von Emirates - starten an einem Tag durchschnittlich 422 Flugzeuge, davon rund 130 zwischen 7 und 10 Uhr. Sie alle benötigen Essen.

Im August dieses Jahres gingen pro Tag im Schnitt 153 000 Essen-Tabletts an Bord. Vor knapp zehn Jahren, als die Produktionsstätte eröffnet wurde, waren es 60 000 Mahlzeiten an einem Tag gewesen. Zum Vergleich: In der größten Catering-Stätte der LSG Sky Chefs in Frankfurt werden täglich zwischen 120 000 und 140 000 Essen produziert. Dafür ist die Tochtergesellschaft der Lufthansa AG mit weltweit 210 Produktionsstätten und einem Umsatz von 2,5 Milliarden Euro mit erheblichem Abstand Weltmarkt-Führer. Chefkoch Schäfer verlässt den italienischen Küchenabschnitt, er öffnet eine Stahltür und geht den Gang entlang. Plötzlich bleibt er stehen. Mit seiner rechten Hand ergreift er eine Schnur, die von der Decke baumelt. Er zieht kurz daran - ein Rolltor öffnet sich nach oben. Sofort kommen den Besuchern Schwaden von eisiger Luft entgegen.

Sie treten ein in eine der insgesamt 46 Kühlkammern im Emirates Catering Center. Hier werden die Hauptgerichte zwischengelagert, ehe sie an einem Band portionsgerecht abgepackt und zusammen mit Salat, Dessert und Besteck in einen Bord-Trolley verladen werden. Der Trolley kommt anschließend wieder in eine Kühlkammer und wartet dort auf einen Lastwagen zur Abholung. Zwischen acht und zwölf Stunden vor dem Flug müssen die Essen fertig sein. „Wobei fertig relativ ist“, sagt Schäfer. Denn an Bord werden die einzelnen Hauptgerichte noch einmal 25 Minuten in einem Ofen erhitzt. Gekocht werden darf in einem gewöhnlichen Flugzeug aus Hygiene- und Brandschutzgründen nicht. Genau das macht die Vorbereitung der Mahlzeiten knifflig. „Die größte Schwierigkeit ist, das Essen so vorzugaren, dass es für die weiteren Schritte passt“, sagt Schäfer. Produkte, die frittiert werden müssen - wie etwa Frühlingsrollen oder Pommes frites -, eignen sich nicht fürs Flugzeug. „Ein Krustenbraten ist undenkbar, weil die Kruste einfach nicht knusprig wäre“, erklärt Schäfer.

Auch die Vorbereitung von Fisch bereitet den Köchen immer wieder Kopfzerbrechen: „Da besteht die Gefahr, dass er am Ende zu trocken ist.“ Ein anderer Punkt, der die Köche etwas stört, ist die fehlende Möglichkeit, einen Teller zu garnieren. „Bei der Präsentation unserer Speisen sind wir limitiert“, sagt Schäfer. In der First und Business-Class werden die Gerichte aber immerhin auf einem Porzellanteller serviert. Auch der Kontakt zum Gast fehle ihm manchmal. Wenigstens gebe es immer wieder Feedback von Passagieren, das an die Köche weitergeleitet wird. „Und da ist nicht nur Negatives dabei“, sagt der Koch. Und was passiert eigentlich mit dem Essen, das nach einem Flug übrig bleibt? Es geht in die Mülltonne - aus hygienischen Gründen.

Zahlen und Fakten

Immenser Verbrauch
Die Mengen an Lebensmittel, die die Köche im Emirates Flight Catering Center pro Jahr allein für die Economy-Class verwenden, sind immens: 1250 Tonnen Hühnerfleisch, 300 Tonnen Lammfleisch, 255 Tonnen Rinderfilet, 150 Tonnen Krabben, 26 Tonnen Hummer, 75 Tonnen geräucherter Lachs, 90 Tonnen Lachsfilet, 480 Tonnen Honigmelonen, 400 Tonnen Wassermelonen, 300 Tonnen Ananas, 105 Tonnen Kiwis, 80 Tonnen Erdbeeren, 27 Tonnen Brokkoli, 220 Tonnen Salat, 900 Tonnen Tomaten, 300 Tonnen Zitronen, 400 Tonnen Basmati-Reis, 220 000 Liter Schlagsahne, drei Millionen frische Eier, 400 Tonnen pasteurisierte Flüssigeier, 2000 Tonnen Mehl.

Import der meisten Lebensmittel
Weil Dubai mitten in der Wüste liegt, werden fast alle Waren aus dem Ausland in das Emirat Dubai importiert. Lediglich Salatgurken und Paprika, die in Gewächshäusern gezüchtet werden, stammen aus einheimischem Anbau.

Eigene Bäckerei in Dubai
Emirates importiert nur wenige Backwaren. Die meisten Produkte werden in der firmeneigenen Bäckerei hergestellt. In den Öfen deutscher Hersteller werden 58 Millionen Brötchen pro Jahr gebacken, zudem acht Millionen Muffins und sieben Millionen Cookies.