Vonovia-Mieterinnen übergeben Fritz Kuhn einen Forderungskatalog. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Vor einer Woche sind Mieter gegen den Wohnungsriesen Vonovia auf die Straße gegangen. Sie haben auch OB Fritz Kuhn einen Forderungskatalog übergeben. Der hat reagiert – doch eine Einigung erscheint vorerst schwierig.

Stuttgart - Es sind ungewöhnliche Gäste, die Fritz Kuhn am Rande einer Gemeinderatssitzung vor dem Saal empfängt. Zwei Mieterinnen von Deutschlands größtem Immobilienkonzern Vonovia übergeben dem Stadtoberhaupt einen Forderungskatalog. Das Unternehmen steht in der Kritik, weil nach umfassenden Modernisierungen aus günstigen Wohnungen teure werden und zudem die Belastungen durch die Baustellen enorm sind.

Zu diesem Zeitpunkt ist allerdings bereits ein Brief Kuhns unterwegs an die Vonovia-Führung. Es ist der Entwurf einer Rahmenvereinbarung. In ihr will er gemeinsam mit dem Konzern Verbesserungen für die betroffenen Mieter festschreiben. Seit Oktober sei man darüber im Gespräch, betont der Oberbürgermeister. Er habe dabei „deutlich gemacht, dass in der sozialen Marktwirtschaft Grundregeln gelten, auch im Verhältnis vom Vermieter zum Mieter“.

Konkret führt Kuhn mehrere Punkte auf. Er fordert, dass Modernisierungen künftig transparent ausgeführt und sozialverträglich gestaltet werden. Gesichert müsse sein, dass Instandhaltung zu Lasten des Vermieters gehe und nur Modernisierungskosten umgelegt werden. „Ich sage: Modernisierungen dürfen nicht zu Abzocke führen“, betont Kuhn. Und er geht noch deutlich weiter: Vonovia müsse künftig betroffenen Mietern vorübergehend Ersatzwohnungen oder Hotelzimmer zur Verfügung stellen.

Proteste als gutes Zeichen

Zu den anhaltenden Protesten – übrigens auch gegen die vermeintliche Untätigkeit der Politik – sagt Kuhn: „Es ist gut, dass aus dem öffentlichen Raum Druck ausgeübt wird.“ Er habe sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass Vonovia in Einzelfällen immer wieder Verständnis signalisiere und sich sehr um ein soziales Image bemühe. „Jetzt kann Vonovia all das unter Beweis stellen und die Vereinbarung mit der Stadt Stuttgart schließen“, fordert der OB.

In der Bochumer Unternehmenszentrale spricht man von einem „guten Kontakt“ zur Landeshauptstadt und „sehr konstruktiven Gesprächen“. „Wir versuchen alles, um eine gemeinsame gute Lösung zu finden“, sagt Sprecherin Nina Henckel. Man nehme die viele Kritik und die spürbar abnehmende Akzeptanz an den aktuellen Modernisierungsprojekten ernst. „Wir wollen nicht gegen, sondern für unsere Mieter modernisieren“, stellt die Sprecherin fest.

Gleichwohl betont man beim Wohnungsunternehmen, dass viele Punkte, die im Entwurf der Rahmenvereinbarung auftauchen, längst umgesetzt seien. Das umfasst die ohnehin gesetzlich vorgeschriebene Regelung, Instandhaltungs- und Modernisierungskosten zu trennen. Für persönliche Härtefälle biete man Sonderlösungen an. „Im Einzelfall kümmern wir uns auch um Ersatzunterkünfte, deren Kosten selbstverständlich wir tragen“, sagt Henckel. Man wolle zudem die Kommunikation mit den Mietern verbessern, mache Informationsveranstaltungen und biete Sprechstunden an.

Vonovia sieht „Diskussionsbedarf“

Nach einer schnellen Einigung sieht es dennoch nicht aus. Denn es sind zwei Paar Stiefel, ob Leistungen freiwillig angeboten oder verpflichtend festgeschrieben werden. „Das Vorhaben, unsere Zusagen mit einer Rahmenvereinbarung verbindlich zu machen, finden wir sehr gut“, heißt es zwar bei Vonovia. Auch in anderen Städten habe man schon Vereinbarungen zu Quartiersentwicklungen abgeschlossen. Es gebe „jedoch auch Punkte innerhalb des Entwurfs, bei denen wir noch Diskussionsbedarf sehen“, heißt es. Darüber müsse man mit Kuhn sprechen.

Vom Forderungskatalog der Mieter ist all das noch ein ganzes Stück entfernt. Darin finden sich aber auch Punkte, die weit weg von der Realität sind: beispielsweise, die über 4600 Vonovia-Wohnungen in Stuttgart „in die öffentliche Hand zurückzuführen“.