Der Echterdinger Neuzugang Henning Bortel spielt sowohl gegen seinen Bruder als auch seinen Ex-Verein, bei dem er bis Juni vier Jahre lang Stammtorhüter war. Foto: Archiv Yavuz Dural

Im SGV Freiberg und Calcio Leinfelden-Echterdingen spielen die beiden führenden Mannschaften der Tabelle gegeneinander. Die spannende Frage: kann der Aufsteiger von den Fildern auch dem „FC Bayern“ der Staffel zusetzen?

Echterdingen - Vielleicht hat es ja damit zu tun, dass sich ihre Vorgänger oft genug die Finger verbrannt haben. Und irgendwann wird man dann womöglich aus Schaden klug. Sicher ist: müssten sich die derzeitigen Verantwortlichen von Calcio Leinfelden-Echterdingen als Marktschreier oder Werbetrommler verdingen, hätte man sich ernsthafte Sorgen um sie zu machen. Wohl selten nämlich ist ein Knallerangebot kleinlauter verkauft worden als im hiesigen Fall.

An diesem Samstag steigt in der Fußball-Verbandsliga das Gipfelduell, SGV Freiberg gegen Calcio. Es ist das Kräftemessen des Tabellenersten mit dem Tabellenzweiten. Es ist die Begegnung jener beiden Mannschaften, die an den vergangenen Spieltagen ihre Konkurrenz in Serie zu Sparringpartnern degradiert haben. Und es ist somit, keine Frage, das Spiel schlechthin der bisherigen Saison. Tatsächlich, darf angenommen werden, sieht man das auch in Echterdinger Reihen so, auch wenn sich deren Abteilungschef Michael Alber als höchsten Gefühlsausbruch gerade einmal ein „Ja, wir freuen uns auf die Partie“ entlocken lässt, formuliert in etwa so aufgeregt, als handelte es sich um einen Angeltrip zur frühen Morgenstund’ an den stillen See. Ein außergewöhnliches Aufeinandertreffen? Laut Alber nicht. Er verweist auf den noch frühen Zeitpunkt der Runde.

Echterdinger Kann, Freiberger Muss

Dabei bräuchte es diese betonte Zurückhaltung gar nicht. Denn die von ihnen bevorzugte Außenseiterolle haben die Echterdinger diesmal so oder so. Wo bei ihnen, dem Liganeuling, ein Kann als Überschrift steht, drückt den Kontrahenten ein zentnerschweres Muss. Nicht von ungefähr mussten sich die Freiberger Gastgeber bereits als FC Bayern der Spielklasse titulieren lassen. Nach ihrem völlig unerwarteten Abstieg aus der Oberliga haben sie in diesem Sommer keine Anstrengungen gescheut, den sportlichen GAU sogleich zu begradigen. Alles andere als eine prompte Rückkehr der Neckarstädter nach oben wäre die nächste faustdicke Überraschung. Zur Verfügung steht dem aus Karlsruhe zurückgekehrten vormaligen Erfolgscoach Ramon Gehrmann ein prominent besetzter Kader, angeführt vom Neuzugang und Ex-VfB-Profi Marco Pischorn.

Freilich: was Namen anbelangt, sind die Aufgebote beider Teams gespickt mit Spielern, die schon auf einer höheren Ebene unterwegs waren als der jetzigen. Insofern ist es auch ein Duell der Großen und Mächtigen – und demzufolge auch nicht ganz so erstaunlich, dass der Gast Calcio in der Tabelle als Aufsteiger dort steht, wo er gerade steht. Dass es mit den Bergers, Miftaris und Gümüssus nicht, wie vom Verein ausgerufen, allein um Punkte gegen den Abstieg gehen würde, war eigentlich von vornherein klar. Wobei Alber an der offiziellen Zielsetzung nach wie vor nichts ändern will. „Ich weiß, dass es schwierig ist, das glaubhaft rüberzubringen, wenn man Zweiter ist“, sagt er, „doch vor der Winterpause werden wir da sicher nichts korrigieren.“

Bis auf Paurevic alle fit

Ein momentanes Echterdinger Plus: vom Verletzungspech ist die Mannschaft bisher weitgehend verschont geblieben. Nach gestrigem Stand droht für den aktuellen Auftritt lediglich der Innenverteidiger Christopher Paurevic ein weiteres Mal auszufallen. Er hat schon vor Wochenfrist beim lockeren 4:0 gegen den FV Olympia Laupheim wegen Kniebeschwerden gefehlt. Eine genaue Diagnose steht noch aus. Ansonsten hat der Trainer Cataldo Diletto weiterhin eine breite Auswahl – eine Wahl, bei der ein Trio wohl schon allein aus emotionalen Gründen mit seiner Aufstellung rechnen darf.

Für zumindest drei Mann bei Calcio, um das Stichwort außergewöhnlich nochmals aufzugreifen, wird es definitiv und eben doch ein besonderes Spiel: Diamant Avdiu, Volkan Candan und Henning Bortel treffen auf ihren Ex-Verein. Bortels Erinnerungen sind dabei die frischesten. Der Keeper stand bis Juni noch beim Gegner unter Vertrag. Vier Jahre lang war er in Freiberg die Nummer eins im Tor, ehe sich die Wege trennten. Eine gute Verbindung hat Bortel trotzdem noch: Sein älterer Bruder Sebastian ist weiter beim jetzigen Tabellenführer im Einsatz. Bortel gegen Bortel – auch diese Begegnung innerhalb der Begegnung verspricht Spannung.

Imposante Calcio-Auswärtsbilanz

Wie es ausgehen wird? Alber sagt: „Wir hoffen auf einen Punkt. Damit wäre ich zufrieden.“ So viel an mutiger Ansage dann doch. Nebenbei setzten die Echterdinger damit eine imposante Serie fort. Auswärts haben sie in den vergangenen 18 Monaten von 22 Punktspielen nur ein einziges verloren. Die Bilanz in diesem Zeitraum: 16 Siege, fünf Unentschieden, eine Niederlage.

Ob auch das als Werbung taugt? Wenn schon nicht mit Worten, so wenigstens mit solchen Zahlen?