Trotz modernster Technologien hat der Maschinenbau Mühe, junge Menschen anzusprechen. Foto: imago images/Rupert Oberhäuser

Der Fachkräftemangel macht jetzt auch dem Kern der baden-württembergischen Industrie zu schaffen: Laut einer VDMA-Umfrage sehen drei von vier Maschinenbauunternehmen im Land eine Behinderung ihrer Produktion.

Der Maschinenbau in Baden-Württemberg würde gerne durchstarten nach den Krisenjahren: Eine aktuelle Umfrage des Verbandes VDMA zeigt, dass 44 Prozent der Unternehmen vorsichtig optimistisch nach vorne schauen. Anlass gibt die verbesserte Materialversorgung mit Ausnahme der Elektronikkomponenten. In der Folge erwarten 68 Prozent der Betriebe ein nominales Umsatzwachstum für dieses Jahr.

Doch tut sich ein gravierendes Problem auf: Zwar wollen fast 60 Prozent der Betriebe Personal aufbauen, sie können ihren Bedarf aber kaum decken. Drei von vier Unternehmen vermelden teils starke Engpässe bis zur Behinderung der Produktion durch Fachkräftemangel. Zugleich stufen 84 Prozent das Thema Demografie als Herausforderung Nummer eins der kommenden Jahre ein. Ende 2022 hat der Maschinen- und Anlagenbau im Südwesten rund 334 300 Menschen (plus 1,6 Prozent gegenüber 2021) beschäftigt.

Wo kein Personal zu finden ist, wird automatisiert

„Für große Unternehmen wie unseres ist es noch kein großes Problem – wir bekommen genügend Bewerber und können die richtigen Leute einstellen“, sagt Mathias Kammüller, Vorstandsmitglied beim Hightechunternehmen Trumpf und Landesvorsitzender des VDMA. Ausnahme sei der Personalmangel im Servicebereich. Viel größere Sorgen hätten aber kleinere Firmen mit durchschnittlich zehn bis 20 Mitarbeitern, gerade im Werkzeugmaschinenbereich. „Die kriegen praktisch niemanden mehr – etwa weil die Arbeitszeiten uninteressant sind oder weil sie meistens irgendwo auf dem Land sind.“ Die Konsequenz: „Die Unternehmen schauen alle nach automatisierten Fertigungslösungen.“ Dies müsse man nicht unbedingt als problematisch ansehen, weil es die Betriebe wettbewerbsfähiger mache.

Als schwerwiegend ordnet er die hohen Rückgänge bei den Maschinenbaustudenten ein. Bisher habe die Zahl der Neuanfänger von den Hochschulen bei plus/minus 20 Prozent geschwankt – jetzt gingen die Zahlen je nach Universität um 30 bis 60 Prozent zurück. „Da müssen wir massiv etwas tun, um das attraktiver zu machen“, sagt Kammüller.

Dietrich Birk, Geschäftsführer des VDMA Baden-Württemberg, sieht in einer Vier-Tage-Woche, wie sie derzeit gerade von jüngeren Beschäftigten gewünscht wird, dennoch nicht die Lösung. Dazu gebe es „viele kritische Stimmen aus dem Maschinenbau“, weil die Betriebe auf die im internationalen Vergleich ohnehin schon höchsten Arbeitskosten verweisen würden, schildert er.

Immer nur mehr Freizeit statt mehr Arbeit?

Anders als an ihren ausländischen Standorten hätten die Arbeitgeber hierzulande „manchmal den Eindruck, dass die Leute nicht mehr arbeiten, sondern mehr Freizeit haben wollen“, so Birk. Dies dürfe nicht noch stärker zulasten der Wettbewerbsfähigkeit gehen. Unbedingt nötig seien stattdessen noch flexiblere Arbeitszeiten, „weil es heute einfach auch der Lebenswirklichkeit unserer Produktionsunternehmen entspricht“. Da seien die Tarifparteien und der Gesetzgeber, vor allem der Bundesarbeitsminister, gefordert. „Wir haben es mit einem überregulierten Arbeitsmarkt zu tun, der uns international bei der Anwerbung hoch qualifizierter Arbeitskräfte eher schadet als nutzt.“