Der Posaunenchor Vaihingen wurde 1906 gegründet. Dieses Bild wurde anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Vereins aufgenommen. Foto: z

Der evangelische Posaunenchor spielt seit Jahrzehnten beim katholischen Fronleichnamsfest.

Stuttgart-Vaihingen - Es ist ein Stück gelebte Ökumene. Seit Jahren spielt der evangelische Posaunenchor Vaihingen auch an rein katholischen Festen. So begleiten die Bläser beim diesjährigen Fronleichnamsfest die gemeinsame Prozession der Kirchengemeinden Maximilian Kolbe und Maria Königin des Friedens. „Uns verbindet die gemeinsame Freude an der Bläsermusik. Da wird nicht so sehr auf die Nuancen des persönlichen Glaubens geachtet. Eher wird dadurch das gegenseitige Verständnis gefördert“, sagt Frank Lehmann, der den Posaunenchor leitet. Er selbst sei katholisch, fühle sich aber auch bei den Protestanten sehr wohl.

Die katholischen Pfarrer selbst hätten einst angefragt, ob der Posaunenchor nicht auch bei ihnen spielen könnte, erinnert sich Lehmann. Dabei sei es natürlich zum einen um die Ökumene gegangen. Zum anderen habe es aber auch einen großen Bedarf an musikalischer Begleitung bei Veranstaltungen im Freien gegeben, wo eben keine Orgel zur Verfügung stehe. Darum spiele der evangelische Posaunenchor nicht nur seit Jahrzehnten bei Prozessionen zu Fronleichnam, sondern beispielsweise auch an Allerheiligen auf dem Alten Friedhof . „Daraus hat sich eine schöne Tradition entwickelt, die wir gerne wahrnehmen und mit der wir auch gerne ein ökumenisches Zeichen setzen“, sagt Lehmann.

Weltliche Gründe für die Zusammenarbeit

Er weist auch daraufhin, dass es bei vielen Posaunenchören eine Verbindung zwischen Katholiken und Protestanten gibt. Der Grund sei wohl, dass Posaunenchöre in erster Linie eine evangelische Sache seien, das Interesse aber auch bei Katholiken gegeben sei. Zudem sorge der im Vergleich zur Orgel sehr unterschiedliche Klang eines Posaunenchors für Abwechslung, was „im Kirchenjahr durchaus ab und zu zu begrüßen ist“, sagt Lehmann.

Rainer Bohm sieht es ähnlich: „Die Chormitglieder hatten noch nie Berührungsängste mit den katholischen Christen gehabt“, sagt der langjährige Leiter des Posaunenchors Vaihingen, der sich derzeit ebenso wie seine Frau, der Kantorin Gabriele Timm-Bohm, eine Auszeit gönnt. Hinzu komme, dass „das Musizieren auch geistlicher Musik die Menschen in aller Freiheit belässt und sie weniger einengt als die Theologie“. Zudem sei viele schöne Musik der Jahrhunderte auf dem Boden der katholischen Kirche gewachsen, „und wir sind froh, dass wir sie haben und spielen können“, sagt Rainer Bohm.

Es gebe aber auch ganz weltliche Gründe für die ökumenische Zusammenarbeit. So gebe es in Vaihingen viele gemischt-konfessionelle Ehen und Familien. „Dann spielen im Posaunenchor auch Katholiken mit“, sagt der ehemalige Leiter. Abgesehen davon frage man die Mitspieler nicht nach ihrem Glaubensbekenntnis. „Und wenn sie schön spielen und normale Umgangsformen pflegen, haben wir auch kein Problem, wenn sie Heiden sind“, sagt Bohm mit einem Augenzwinkern.