Drei von vielen Demokraten, die ins Weiße Haus wollen: Kamala Harris, Elizabeth Warren und Beto O’Rourke (von links). Foto: AFP/AP

Kamala Harris, Elizabeth Warren, jetzt auch noch Beto O’Rourke – prominente US-Demokraten wollen Amtsinhaber Trump 2020 herausfordern. Ein Schwergewicht zögert noch: Joe Biden.

Washington - Das Feld ist unübersichtlich. Im Gegensatz zu 2016, als man sich bei den US-Demokraten gegen wenig Widerstand auf die Spitzenkandidatin Hillary Clinton einigte (und damit wider Erwarten spektakulär baden ging), macht sich derzeit eine ganze Phalanx demokratischer Politiker auf, die Spitzenkandidatur ihrer Partei für die Präsidentschaftswahlen 2020 für sich zu gewinnen. Selten ging es um so viel. Die Frage, die die Demokraten in den kommenden Monaten beantworten müssen, lautet: Wer hat das Potential, Donald Trump zu schlagen?

Die Partei ist in den vergangenen Monaten nach links gerückt. Das hat vor allem mit den für die Demokraten äußerst erfolgreich verlaufenen Midterm-Wahlen des vergangenen Herbstes zu tun. Eine Gruppe progressiver, sehr junger, meist weiblicher Abgeordneter ist in das House of Representatives eingezogen. Sie treiben das Establishment ihre Partei vor sich her – mit liberalen Ideen wie einem „Green New Deal“, dem ambitionierten Plan für die Bekämpfung des Klimawandels. Galionsfigur dieser neuen Politikergeneration ist Alexandria Ocasio-Cortez, kurz ACO, Buhmann der rechten Medien und mit 29 Jahren noch zu jung, um selbst für das höchste Amt des Landes zu kandidieren.

Dass sich ein besonders progressiver Kandidat letztendlich aber zum demokratischen Spitzenkandidaten aufschwingen könnte, davor steht zumindest ein Fragezeichen. Schließlich geht es darum, einen möglichst moderaten und massentauglichen Kandidaten zu finden, der 2020 möglich machen kann, was sich die Partei sehnlichst wünscht: Donald Trump (wenn er denn antritt) nach einer Amtszeit abzulösen und selbst wieder ins Weiße Haus einzuziehen.

Ein Schwergewicht der Demokraten zögert noch, seinen Hut in den Ring zu werfen: Joe Biden. Der frühere Vizepräsident in der Obama-Regierung gilt als moderat und könnte für eine breite Mehrheit wählbar sein – allerdings ist er mit 76 Jahren nicht eben ein Jungspund.

Diese Demokraten haben ihre Kandidatur schon verkündet

Beto O’Rourke: Mit seiner relativ späten Entscheidung, ins Rennen ums Weiße Haus einzusteigen, hat er die Vorwahlen noch spannender gemacht. Vielen gilt der ehemalige Kongressabgeordnete aus Texas bereits als neuer Barack Obama. Bei den Midterms wäre es dem 46-Jährigen beinahe gelungen, Amtsinhaber Ted Cruz den Senatorenposten abzuluchsen. Auch wenn manche ihn schon zum Wiedergänger von Bobby Kennedy stilisieren wollen (und sei es nur optisch) – große politische Erfahrung hat der Vater dreier Kinder bislang nicht. Dafür aber große Pläne: Er wolle ein gespaltenes Land einen, sagte er in einer Videobotschaft, mit der er seine Kandidatur offiziell machte.

Elizabeth Warren: Die Lieblingsfeindin von Präsident Trump warf ihren Hut als eine der ersten in den Ring, nachdem sie 2016 noch Hillary Clinton den Vortritt gelassen hatte. Warren, Senatorin von Massachusetts, will mit dezidiert linken Positionen punkten. So will sie „Obamacare“ ausbauen und Wall Street an die Leine legen. Sie geht voll auf Konfrontation mit dem Präsidenten und deutete im Hinblick auf die Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller schon an, Trump sei 2020 möglicherweise gar nicht mehr im Amt. Der schießt zurück und hat Warren schon einen seiner gefürchteten Spitznamen verpasst: Pocahontas. Damit spielt der Präsident darauf an, dass sich Warren in ihrer Studienzeit als „Native American“ ausgegeben hatte. Das kam nicht gut an bei den amerikanischen Minderheiten und könnte im Wahlkampf zur Hypothek werden. Republikaner warfen der 69-Jährigen bereits vor, sie habe den angeblichen Minderheitenstatus als Karrierebooster benutzt.

Bernie Sanders: Der unabhängige Senator von Vermont, der politisch weit links rangiert, hatte 2016 Hillary Clinton das Leben bei den demokratischen Vorwahlen schwer gemacht. Jetzt will es der 77-Jährige noch einmal wissen. Sanders bezeichnet sich selbst als einen demokratischen Sozialisten und so ist auch sein Programm: Er will die Reichen stärker besteuern, eine allgemeine Krankenversicherung einführen, Studiengebühren abschaffen und dem Klimawandel mit harten Einschnitten bei Öl, Gas und Kohle entgegentreten. Ob Amerika noch einmal „The Burn“ spüren wird, wie 2016, als der Senator vor allem bei jungen Menschen punktete? Inzwischen sind viele seiner Positionen, die damals radikal neu schienen, Mainstream in der demokratischen Partei.

Cory Booker: Der Senator aus New Jersey gilt ebenfalls als liberal. Seit 2013 sitzt der 49-Jährige im Senat und machte sich unter anderem mit der scharfen Befragung von Trumps Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh einen Namen. Der Afroamerikaner und frühere Bürgermeister von Newark will sich vor allem für Minderheiten und einkommensschwache Bevölkerungsschichten einsetzen. Booker gilt als populär – vor allem bei den begehrten Jungwählern, den „Millenials“. Womit er bei ihnen punkten könnte: Seit ein paar Wochen kursiert das Gerücht, der Senator sei mit der Schauspielerin Rosario Dawson liiert.

Kamala Harris: Einen bislang guten Start ins Rennen hat die Senatorin aus Kalifornien erwischt. Mit ihrer knallharten Befragungstaktik von Brett Kavanaugh machte auch sie sich bei den Amerikanern bekannt. Die Tochter eines Jamaikaners und einer Inderin kann mit ihrer Biografie bei den Minderheiten punkten. Außerdem dürfte die 54-Jährige in einem potenziellen Duell mit Amtsinhaber Trump beim Thema Innere Sicherheit die Nase vorn haben: Als Bezirksstaatsanwältin von San Francisco und Justizministerin von Kalifornien hat sie praktische Erfahrung, die dem Präsidenten mit TV-Vergangenheit fehlt.

Amy Klobuchar: Die 58-jährige Senatorin aus Minnesota verkündete ihre Kandidatur bei dichtem Schneetreiben und minus zehn Grad – was Präsident Trump zu einem Tweet über die Nicht-Existenz des Klimawandels veranlasste. Klobuchar sieht das anders: Sie will das Land zurück ins das Pariser Klimaabkommen führen, setzt sich für das Recht auf Abtreibung und die Krankenversicherung für alle ein. Die 58-Jährige war im November mit großer Mehrheit für eine dritte Amtszeit bestätigt worden. Sie gehört dem moderaten Parteiflügel an. Klobuchar hat allerdings eine Hypothek: Kaum war die Nachricht über ihre Kandidatur in der Welt, wurden Gerüchte laut, die Senatorin sei eine fürchterliche Chefin, die reihenweise Mitarbeiter in die Flucht treibe.

Kirsten Gillibrand: Die Senatorin aus New York verkündete ihre Kandidatur in der Late Night Show von Comedian Stephen Colbert – ein mehr als nur versteckter Wink an die jungen Wähler. Die 52-Jährige setzt auf Frauenpower, unterstützt die #MeToo-Bewegung und gibt sich als Gegnerin von Großspendern und der amerikanischen Waffenlobby. So ganz authentisch ist das nicht: Als sie noch im Kongress saß, sprach sie gerne über die Jagdleidenschaft ihrer Familie, um bei konservativen Wählerschichten anzukommen. Damals bekam sie Bestnoten von der umstrittenen Waffenlobbyisten der „National Rifle Association“. Von ihrer damaligen Haltung hat sich Gillibrand inzwischen distanziert – sie wäre Gift für eine Kandidatur.

Julián Castro: Der ehemalige Minister in der Obama-Regierung gilt als eines der Talente der Demokraten. Der 44-Jährige aus Texas mit mexikanischen Wurzeln und frühere Bürgermeister von San Antonio könnte vor allem bei hispanischen Wählern punkten. Castro war unter Obama Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung. Er kündigte bereits an, im Falle eines Wahlsiegs als erste Amtshandlung den Wiedereintritt der USA in das Pariser Klimaabkommen einleiten zu wollen.

Pete Buttigieg: Sein Name ist unaussprechlich, aber er könnte zum Senkrechtstarter des Rennens um die Spitzenkandidatur werden. Der Bürgermeister von South Bend in Indiana ist erst 37 Jahre alt – und ist damit selbst einer der „Millenials“, um deren Stimmen alle Kandidaten so verzweifelt werben. Buttigieg kämpfte in Afghanistan. Mit nur 30 Jahren wurde er 2012 zum Bürgermeister gewählt. Die „New York Times“ fragte sich schon 2016, ob Buttigieg einst der „erste schwule Präsident“ sein könnte. Der 37-Jährige outete sich bereits vor ein paar Jahren und ist seit vergangenem Jahr mit seinem Partner Chasten Glezman verheiratet.

Tulsi Gabbard: Die Kongressabgeordnete von Hawaii hat höchstens Außenseiterchancen. Dafür hat die 37-Jährige in den vergangenen Jahren zu viele Skandälchen angesammelt. 2017 machte die Veteranin des Irakkriegs mit einem Treffen mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad Negativ-Schlagzeilen. Kaum hatte sie jetzt ihre Kandidatur verkündet, musste sich Gabbard für ihre frühere ablehnende Haltung gegenüber der Ehe von homosexuellen Paaren entschuldigen.

John Hickenlooper: Der frühere Gouverneur des US-Bundesstaats Colorado gehört zu den weniger bekannten Gesichtern im Vorwahlkampf. Als Gouverneur verschärfte der 67-Jährige die Waffengesetze in seinem Staat. Während seiner Amtszeit als Bürgermeister von Denver legalisierte Hickenlooper außerdem Cannabis für den medizinischen Gebrauch.

Jay Inslee: Der 68-jährige Demokrat ist seit 2013 Gouverneur des Bundesstaates Washington. Inslee hat sich den Kampf gegen den Klimawandel zum Ziel gesetzt. Der Gouverneur kann auf eine lange politische Karriere zurückblicken. Im Vorwahlkampf wird er vermutlich dennoch keine große Rolle spielen.

John Delaney: Gäbe es einen Preis für den ersten, der ins Rennen um die Kandidatur einsteigt, er ginge an den Kongressabgeordneten aus Maryland. Schon im Sommer 2017 und damit nur wenige Monate nach der Amtsübernahme von Donald Trump verkündete der 55-Jährige seine Kandidatur. Bessere Chancen hat Delaney damit aber vermutlich nicht, auch wenn der als moderat geltende Demokrat theoretisch sicher für eine breite Masse wählbar wäre.