In diesem Sommer tritt Angelique Kerber bei den US Open vielleicht gar nicht an. (Archivbild) Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Diesen Sommer hat sich Angelique Kerber ganz anders vorgestellt. Erst Wimbledon, dann Tokio, dann New York - so sahen ihre Pläne aus. Nun ist alles unsicher. Finden die US Open ohne die dreimalige Grand-Slam-Siegerin statt?

Bad Homburg - Zu New York hat Angelique Kerber eine besondere Beziehung. Bei den US Open stürmte sie 2011 überraschend bis ins Halbfinale. 2016 triumphierte sie auf der imposanten Anlage in Flushing Meadows und wurde zur Nummer eins. In diesem Sommer ist alles anders und Kerber tritt bei den US Open vielleicht gar nicht an. Sie weiß nicht, wie sie für die erhoffte Wiederaufnahme planen soll. Ihr geht es wie anderen Tennisprofis, es herrscht Unsicherheit.

„Stand heute, sage ich ganz ehrlich, kann ich es mir nicht vorstellen. Ich glaube, niemand will sich jetzt in den Flieger setzen und nach New York fliegen“, sagt die 32-Jährige. „Es weiß momentan keiner, was passiert und wie es weitergeht.“

Die US Open waren im Juni genehmigt worden, sind aber fraglich. Die Pläne könnten in den kommenden Tagen revidiert werden. Aber selbst wenn die Veranstalter am Termin vom 31. August bis 13. September festhalten, bedeute das nicht, dass sie teilnimmt, sagt Kerber. Auch ihre Fed-Cup-Kollegin Julia Görges hat sich noch nicht entschieden.

Kerber will die Entwicklung der Corona-Zahlen in den USA beobachten und dann abwägen, ob die Sicherheit gewährleistet ist. „Ich habe am meisten Respekt davor, dass ich mich oder ein Mitglied meines Teams sich auf Reisen ansteckt und wir dann womöglich festsitzen, ohne zu wissen, wie mit der Problematik umzugehen ist“, sagt die Kielerin.

Anderen Tennisspielern ist das bereits passiert, unter anderem auf der umstrittenen Adria-Tour, nach der auch Alexander Zverev stark in die Kritik geriet. Kerber hat bislang davon abgesehen, Spielpraxis bei Showturnieren zu sammeln. Ein Match bestritt sie zuletzt bei ihrem Achtelfinal-Aus bei den Australian Open Ende Januar. Ihre Oberschenkelblessur von Melbourne ist nun längst kein Thema mehr.

„Wer weiß - vielleicht spielen wir die nächsten zwei Jahre kein Tennis“

Die Pause hat die Wimbledonsiegerin von 2018 in ihrer Akademie im polnischen Puszczykowo für Fitnesstraining genutzt, Tennis spielt sie mit einem Hittingpartner. Mit ihrem Tennis-Trainer Dieter Kindlmann hat sie aufgrund der Corona-Regeln seit Monaten nicht trainiert.

Dass sie am 3. August in Palermo beim ersten WTA-Turnier nach rund fünf Monaten antritt, schließt Kerber aus. Fed-Cup-Teamchef Rainer Schüttler findet den Auftakt „sehr früh“. Wie Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann bezweifelt er, dass die provisorischen Turnier-Pläne bestehen bleiben. „Wer weiß - vielleicht spielen wir die nächsten zwei Jahre kein Tennis“, sagt Kerber. „Es ist schwer zu sagen, vielleicht fangen wir auch in drei Wochen wieder an.“

Ihre Termine wären eigentlich in diesem Sommer besonders eng getaktet gewesen. Ursprünglich wäre sie kurz nach Wimbledon zu den Olympischen Spielen nach Tokio gereist. Nun hatte sie am Samstag, dem eigentlichen Damen-Finaltag von Wimbledon, Zeit für die Einweihung des Center Courts in Bad Homburg. Symbolisch schnitt sie ein Stück Rasen durch, spielte ein kurzes Show-Mixed und will ein Zeichen der Hoffnung setzen, dass alles wieder normal läuft, wenn das neue Turnier 2021 seine verschobene Premiere nachholen will.

Knapp 100 geladene Gäste waren im Kurpark anwesend, als die erste deutsche Grand-Slam-Siegerin seit Steffi Graf zum Ehrenmitglied des Deutschen Tennis Bundes ernannt wurde. Kerber ist darauf bedacht, die Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten. Publikum steht sie noch skeptisch gegenüber. „Man sollte lieber ein, zwei Wochen länger warten als zu früh anzufangen“, sagt sie. „Ich bezweifle sehr, dass es momentan sinnvoll ist, direkt in vollen Stadien zu spielen in dieser Zeit.“

Die Teilnahme an den French Open in Paris ist für sie aufgrund der kürzeren Anreise dennoch eher denkbar als die Reise nach New York, auch wenn die Veranstalter derzeit erwägen, bis zu 20 000 Fans auf die Anlage zu lassen. Doch wer weiß, ob es dabei bleibt.