Rückblick ins Jahr 2010: Landesrabbiner Netanel Wurmser spricht bei der Einweihung der KZ-Gedenkstätte am US-Airfield. Foto: Achim Zweygarth

Willfried Nobel bleibt bei diesem Thema hartnäckig: Der Vorsitzende der Gedenkstiftung „Gemeinsame Erinnerung – gemeinsame Verantwortung“ wird das zehnjährige Bestehen der Stiftung nutzen, um an die Erweiterungspläne zu erinnern. Weshalb aber sind diese bislang nicht realisiert worden?

Filder - Ginge es nach Willfried Nobel, dann würden sich die Verantwortlichen der Städte Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt lieber heute als morgen an der Hand nehmen, um die KZ-Gedenkstätte an der Zufahrt zum US-Airfield zu erweitern. Schließlich jährt sich im November das Ende des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Auch dieser Tag könnte laut dem SPD-Regionalrat und Vorsitzenden der Gedenkstiftung „Gemeinsame Erinnerung – gemeinsame Verantwortung“ für die Zukunft Anlass genug sein, die Pläne dafür wieder in die Hand zu nehmen.

Ideen dazu gibt es schon länger. Die Künstlerin Dagmar Pachter, die das Mahnmal entworfen hat, habe dies von Anfang an so vorgesehen. Die Gedenkstätte erinnert an die 600 Häftlinge, die im KZ-Außenlager Echterdingen zwischen November 1944 und Januar 1945 in einem Hangar eingesperrt waren und Zwangsarbeit leisten mussten. Mindestens 119 von ihnen starben an Hunger, Kälte und Erschöpfung.

Das Werk, das im Juni 2010 eröffnet wurde, sei allerdings „bisher innen leer und hohl“, sagt Nobel. Nur ein Teil von Pachters „dezentralem Konzept“ wurde verwirklicht. Pfeile und Tafeln, die analog der Wege der bisherigen Stätte, zu jenen Orten weisen, mit denen das KZ-Außenlager verbunden ist, fehlen. Bei diesen Orten handelt es sich um Steinbrüche in Leinfelden, Plieningen und Bernhausen sowie um den Flughafen, wo die jüdischen Häftlinge schuften mussten; den Hangar, in dem sie untergebracht waren, und die Massengräber im Bernhäuser Forst. „Zu diesem zweiten Bauabschnitt ist es bisher nicht gekommen“, sagt Nobel. Der Grund: „Die beiden Städte haben bis dato hier nicht zueinandergefunden“, formuliert er vorsichtig.

Bereitschaft der Stadträte war gering

Vor mehr als vier Jahren gab es einen entsprechenden Vorstoß der SPD-Fraktion Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen. Die Bereitschaft, die Gedenkstätte zu erweitern, war aber in L.-E. damals nicht besonders ausgeprägt. Oberbürgermeister Roland Klenk hatte sich gegen eine weitere „Investition in Beton“ ausgesprochen. „Ich sehe den Vorrang in der Arbeit der Gedenkstiftung“, hatte er gesagt. Und dabei viel Rückenwind aus dem Gemeinderat erfahren. Es gab auch schon den Vorstoß, das Mahnmal um den Hangar, der auf dem Gelände des US-Airfields liegt, zu erweitern, doch auch das ist bisher nicht geschehen.

Nobel will am Ball bleiben. Er hat sich vorgenommen, seine Ansprache als Vorsitzender der Gedenkstiftung am 8. November dazu zu nutzen, um das – für ihn sehr wichtige – Anliegen erneut publik zu machen. Zum Verständnis: Die Stiftung feiert dieser Tage einen runden Geburtstag. Sie wurde am 10. November 2008 – also vor fast zehn Jahren – durch den Rathauschef von Leinfelden-Echterdingen, Roland Klenk, sowie die damalige Filderstädter Oberbürgermeister Gabriele Dönig-Poppensieker ins Leben gerufen. Wenige Tage später gab das Stuttgarter Regierungspräsidium grünes Licht. Die Stiftung richtet sich insbesondere an Kinder und Jugendliche. Die Städte Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen prämieren jedes Jahr aufs Neue Projekte, die sich mit Integration, bürgerschaftlicher Verantwortung und Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft befassen.

Zehnjähriges Bestehen der Gedenkstiftung

Mehr als 25 000 Euro wurden seit der Gründung der Stiftung an Menschen und Projekte verteilt, die sich dafür einsetzen, dass sich ein Unrecht, wie es in der NS-Zeit geschehen ist, nicht wiederholt. Zur jährlichen Preisverleihung haben die Veranstalter bekannte Gesichter wie Kultusministerin Susanne Eisenmann, Landtagspräsidentin Muhterem Aras oder Barbara Traub, Vorstandsvorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, gewinnen können. Im November wird die Stiftung zum neunten Mal Preisgelder ausschütten.

„Ein Leben ohne Gewalt und Krieg, das ist nicht selbstverständlich und schon gleich kein Automatismus“, sagt Nobel. Die Jugend müsse an die Schrecken des Krieges erinnert werden, damit sich die Vergangenheit nicht wiederholt. Die Erinnerung wach zu halten, werde allerdings immer schwieriger. Denn die Menschen, die als Zeitzeugen auftreten können, werden immer weniger. „Man kann die Leute nicht mehr direkt befragen“, sagt er. Deshalb gewinnen Einrichtungen wie die Gedenkstiftung und auch Gedenkstätten wie jene am US-Airfield immer mehr an Bedeutung.