Einer der berühmtesten Maler der Gegenwart: Gerhard Richter Foto: dpa

Darf man Gerhard Richter die Kunst aus dem Altpapier klauen? Obwohl der weltberühmte Maler die Bilder eindeutig entsorgen wollte? Ein Kölner Amtsgericht hatte darüber zu entscheiden. Und hatte dabei nicht nur den nach Richter gierigen Kunstmarkt im Sinn.

Köln - Ist das Kunst oder kann das weg? Der in Frageform verkleidete Witz über das ein oder andere seltsame Stück aus den modernen Abteilungen unserer Museen hat ja schon etwas Bart, ist aber immer noch lustig. Und in Köln zeugt er gerade von höchster Aktualität.

Das Amtsgericht dort hat am Mittwoch über einen einschlägigen Fall zu verhandeln gehabt: Ein 49-jähriger Münchner versteht immerhin so viel von Kunst, dass er im Juli 2016 auf der Straße vor dem Atelier des bekanntlich weltberühmten Malers Gerhard Richter in dessen privater Altpapiertonne gewühlt hat – und prompt fündig wurde. Vier vom Künstler in den Müll entsorgte Bild-Entwürfe ließ er mitgehen. Diese waren zwar nicht signiert, aber doch für jeden Richter-Kenner einschlägig erkennbar. Zu sehen waren nämlich übermalte Fotografien, vom künstlerischen Ansatz her ein Richter-Klassiker. Nur, dass Gerhard Richter seine Entwürfe als so misslungen empfunden hatte, dass er sie vernichten wollte. Umweltgerecht natürlich.

Vom Winde verweht

Herausgekommen ist der Kunst-Müll-Raub nur deswegen, weil der Münchner seinen Schatz auf dem prompt hoch erfreuten Kunstmarkt anbot. Der inzwischen 88-jährige Maler zeigte daraufhin den Diebstahl an, die Staatsanwaltschaft ermittelte einen Schätzwert des Müll-Konvoluts von 60 000 Euro, und ein Kölner Amtsgericht musste nun Recht sprechen.

Eine knifflige Angelegenheit. Denn einerseits gesteht man dem Künstler unbedingt das Recht auf sein eigenes Werk zu. Und natürlich gehört zu diesem Recht auch die Entscheidung, dasjenige, was ihm nicht gut genug erscheint, für immer und ewig beseitigen zu wollen. Andererseits: Wenn solch ein berühmter Künstler erst einmal verstorben ist, dann stürzt sich die Nachwelt auf jedes Fitzelchen, was noch irgendwo in den Schubladen modert. Und selbst das vom Schöpfer für misslungen Erklärte erlangt plötzlich einen Wert – gerade, weil er es verworfen hat. Zudem der Angeklagte auch noch behauptet, Richters Altpapiertonne sei vom Sturm umgeworfen gewesen, er habe die Blätter also praktisch von der Straße aufgelesen.

Auch diese Erklärung hat aber nichts genützt. Die Richter verurteilten den Münchner zu rund 3000 Euro Geldstrafe. Ein Trost für ihn: das bleibt weit unter Richters Marktwert.