Vor Gericht hat der Kläger nicht auf seinen Turban verzichten müssen. Foto: dpa

Ein Vertreter der Sikh-Religion wollte mit Turban an Stelle eines Helmes Motorrad fahren. Darf er nicht, sagen die Gerichte. Aber ein Hintertürchen könnte es doch noch geben.

Leipzig - Das britische Empire und Angehörige der Sikh-Religion verbindet eine tiefe und leider immer wieder auch blutige Geschichte. Nach verlustreichen Kriegen gegen die Fürstentümer Punjab im Norden Indiens beschlossen die Briten, die tapferen Krieger besser für sich zu gewinnen. Bis heute dienen Sikh dem Königreich. Jatenderpal Singh Bhullar hat es vor einigen Jahren gar zu gewisser Berühmtheit gebracht. Der Sikh marschiert in der Schottischen Garde, deren Aufgabe es ist, das Leben der Königin zu beschützen. Er war der Erste, der anstelle der Bärenfellmütze den Turban auf dem Kopf behielt.

Der Turban ist für die männlichen Vertreter der Sikh so wichtig wie die Kippa für Juden, weswegen ihn ein in Konstanz lebender Vertreter der Religionsgemeinschaft auch nicht beim Motorradfahren abnehmen wollte. Er beantragte bei der Stadt die Befreiung von der Helmpflicht, doch die zeigte sich weit weniger tolerant als die britische Generalität. Antrag abgelehnt. Der so am Motorradfahren Gehinderte klagte. Er fühle sich durch die Entscheidung in seinem Recht auf Religionsausübung verletzt. Das sahen Gerichte in Karlsruhe und Mannheim anders, am Donnerstag nun auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Einen Anspruch auf Befreiung der Helmpflicht gebe es deswegen nicht, so die Richter in letzter Instanz.

Die Begründung ist nicht ganz ohne Charme. Der Mann könne seine Religion selbstverständlich frei ausüben, nur nicht auf dem Motorrad. Diese Einschränkung der Religionsfreiheit müsse er hinnehmen, weil die Helmpflicht nicht nur dem Schutz des eigenen Lebens diene, sondern auch noch die Rechtsgüter Dritter schütze. So könnten Rettungskräfte durch den Anblick eines Unfallopfers ohne Helm traumatisiert werden. Außerdem bliebe der durch Helm geschützte Motorradfahrer im Falle eines Unfalls eher unversehrt und sei dann fähig, anderen Erste Hilfe zu leisten. Ob ein Anspruch auf Befreiung der Helmpflicht bestehe, wenn der Mann auf sein Motorrad angewiesen wäre, ließen die Richter offen. Der Kläger hatte das nie behauptet. Zwischen den Zeilen klingt aber durch: Es könnte durchaus der Fall sein.