Die Frühstückssemmel darf Sonntags womöglich schon bald länger verkauft werden. Foto: dpa

Selbst ein trockenes Brötchen ist eine zubereitete Speise, entscheidet das Münchner Oberlandesgericht. Eine Entscheidung von weit reichender Bedeutung für die Öffnungszeiten von Bäckereien.

München - Bayern ist ja, da sind zumindest die Bayern selbst überzeugt davon, in vieler Hinsicht etwas besonderes. Die höchsten Berge, die glücklichsten Kühe, die erfolgreichsten Fußballer sowieso. Bayerische Hochschulen dienen als Vorbild für den Aufbau von Unis im Süden Chinas, das bayerische Familiengeld sucht in der Republik seinesgleichen – und ist mit ein Grund dafür, dass das Familienministerium mit der Internetadresse „familienland.bayern.de“ an den Start geht. Nun hat das Münchner Oberlandesgericht ein Urteil gefällt, dass nicht nur Familien in Bayern das Sonntagsbrötchen länger schmackhaft macht als bisher, sondern möglicherweise bundesweit ausstrahlen kann.

Schlechte Karten für Langschläfer

Wie nahezu überall in der Republik haben Bayerns Bäcker ihre Ladentüren an Sonntagen von 8 Uhr in der früh drei Stunden lang geöffnet. Passionierte Langschläfer müssen sich also sputen, denn um 11 Uhr gehen die Rollläden wieder nach unten. Anders, wenn der Bäcker nebenher noch ein Café betreibt und das Brötchen dort mit Käse oder Putenbrust belegt. Die Semmel mutiert dann zu einer „zubereiteten Speise“ und an Stelle des Ladenschlussgesetzes gilt das Gaststättengesetz. In Baden-Württemberg und anderen Bundesländern ist die Systematik in diesem Punkt ähnlich.

Die Wettbewerbshüter gucken in den Ofen

Nun hat eine Münchner Bäckerkette die Vorschrift sehr eigenwillig interpretiert. Testkäufer hatten an einem Sonntag im Februar 2016 um 11.12 Uhr Stangenbrot und Vollkornsemmeln gekauft – und am Nachmittag noch einmal. Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs machte die illegale Sonntagssemmel zum Fall für das Gericht. Das Landgericht in München hat die Klage der Wettbewerbshüter abgewiesen, das Oberlandesgericht folgte am Donnerstag dieser Sichtweise. Schon eine trockene Semmel sei eine zubereitete Speise, entschieden die Richter. Hausfrauen und Spitzenköche, die mit viel Liebe und Raffinesse in der Küche zaubern, mögen das kritisch sehen. Doch das Gericht entschied, dass es sich bei Backwaren um „verzehrfertige Nahrungsmittel“ handele, deren „Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden“ seien. Bevor nun die Bäcker bundesweit ihre Türen an Sonntagen länger öffnen, muss noch der Bundesgerichtshof entscheiden.