Noble Location: das Nikki Beach in Magaluf Foto: Cristian Trujillo Photography

Mallorca ist Jet Set und Wanne-Eickel. Warum man die beiden Seiten der selben Medaille nirgends besser studieren kann als beim Frühstücksritual.

Das Glas beschlägt, während der eiskalte Champagner dekadent vor sich hin perlt. „Das Leben feiern“, heißt das Motto im Nikki Beach. Und so sieht ein guter Anfang aus. Ausgerechnet in Magaluf in Mallorcas Südwesten, wo wenig bekleidete Engländer viel betankt feiern, findet jeden Sonntag der „Amazing Sunday Brunch“ statt – und „erstaunlich“ ist keine Übertreibung.

„Hi Guys!“ Während sich der Pool vor dem Tisch mit Damen in spannenden Bikinis füllt, erklärt die Kellnerin das Prozedere. „Ich bin immer für euch da, fragt mich, was ihr möchtet“: Man merkt, dass das Luxus-Strandclub-Konzept Nikki Beach in den USA gegründet wurde. Die Clubsprache ist englisch, die Preise für die Liegen sind ambitioniert und die Preise auf der Speisekarte nicht minder.

Austern, Sushi und eine halbe Flasche Schampus pro Nase

Aber der Sunday Brunch für rund 100 Euro kombiniert drei Stunden Dabeisein bei der Jetset-Party mit einem überraschend hohen kulinarisches Niveau. Nach drei Stunden Völlerei ist es auch figurtechnisch nicht mehr so schlimm, dass der Zugangsbändel für den Pool den Liegenbesitzern vorbehalten ist. Auf den Tisch kommt zunächst frisch gestampfte Guacamole. Zur Unterhaltung erscheint der Percussionist, der die Gäste auch mal eine Runde mittrommeln lässt.

Dann folgen mehrere Teller mit Austern und diversen Vorspeisen, aber der Höhepunkt ist das opulent belegte Sushi-Schiff. Zum Zwischengang darf es immer mal wieder ein halbes Gläschen Champagner sein, während am Mischpult hinterm Pool der DJ auflegt. Früher war im Preis unbegrenzt Champagner eingeschlossen. Heute muss sich jeder Gast mit einer halben Flasche pro Person begnügen. Nüchtern betrachtet, vielleicht eine ganz gute Idee.

Nach Lamm und Fisch bietet sich dringend ein kleiner Spaziergang ins kühle Innere an. Dort hängt das Porträt einer jungen Frau. 1997 starb Nicole Penrod im Alter von 18 Jahren bei einem Autounfall. Ein Jahr später beschl990oss ihr Vater Jack laut der Firmenstory „das Leben seiner Tochter zu feiern, indem er kurz darauf Nikki-Beach gründete“. Heute gibt es Clubs in Miami Beach oder Saint Tropez, auf Ibiza oder Koh Samui (Thailand). Der Ableger in Magaluf hat am 30. Juni sein Zehnjähriges mit einer Party ganz in Weiß gefeiert.

Michael Bohrmann feiert lieber Karneval. Der Düsseldorfer führt mit seiner Frau Felicitas seit 18 Jahren das Deutsche Eck an der Playa de Palma im Osten der Inselhauptstadt. Michael und „Feli“ genießen bei ihren Stammgästen Kultstatus. Die kommen schon morgens kurz vor neun zum Frühstück im Ecklokal direkt an der Bierstraße vorbei. Für schmale 13,50 Euro gibt es hier die Version „Deutsches Eck Exklusiv“ mit Filterkaffee oder Tee satt, vier selbst gebackenen Brötchen samt viermal Butter, Wurst, Käse, Lachs, Honig, Nutella, Marmelade, einem gekochten Ei, einem Glas O-Saft und einem Glas Sekt.

Viermal Brötchen und Butter

Wem das nicht reicht, der könnte sich für 2,10 Euro ein halbes Brötchen mit Mett dazu bestellen. Hier gibt es deutsche Küche, zum Mittagstisch gibt’s Schweinekotelett mit Wirsing oder Rinderbraten mit Rotkohl. Gespeist wird auf der Terrasse oder direkt an der berühmt-berüchtigten Partymeile. Während Nikki Beach nur von April bis Oktober Saison hat, ist das Deutsche Eck das ganze Jahr über geöffnet, ohne Ruhetag.

Manche tauschen schon um halb zehn den Kaffee gegen Bier

An lauen Wintertagen haben die ersten Frühstücker die Straße und den Blick zum nahen Strand für sich allein. Im Sommer müssen sie das Vergnügen mit etlichen andern teilen, die bereits morgens um halb zehn die Kaffeetasse gegen das Bierglas getauscht haben und sich allmählich für Megapark und Bierkönig warmlaufen.

Dabei handelt es sich meist um junge Männer, die Vereinen mit so schönen Namen wie „FC Eichel“ angehören. Das weiß man, weil das hinten auf den Fantasie-Trikots steht. Die wiederum müssen unbedingt alle tragen, gerne in warmen Farben wie Orange oder Rosa. Wahrscheinlich, damit sie sich später am Tag auch wiederfinden.

Dazu tragen sie oft wunderliche Kopfbedeckungen. Dieses Jahr angesagt sind gelbe Pokémon-Kappen vom fliegenden Händler, die mit den Ohren wackeln können. Bei Michael und Feli freilich bleibt das die einzige größere Bewegung. Hier wird brav am Tisch gesessen. Einen Pool gibt es sowieso nicht.

Friedliche Koexistenz

Im deutschen Eck funktioniert die friedliche Koexistenz der Frühstücker und der Pilstrinker, dafür sorgen schon die Chefs. „Das Leben feiern“ wäre Michael Bohrmann als Motto wahrscheinlich viel zu abgehoben. Der gebürtige Düsseldorfer formuliert es ein wenig anders. Sein Leitsatz lautet: „Wer uns nicht kennt, der hat Mallorca verpennt“.