Prinz Hans Georg und Prinzessin Elikonada Yourievsky mit „Anastasia“-Hauptdarstellerin Judith Caspari vor dem Palladium-Theater in Stuttgart. Foto: Jan Potente

Die Legende um Anastasia, würde man heute sagen, beruht auf „Fake-News“. Auch die berühmte Zarentochter ist 1918 mit ihrer gesamten Familie gestorben. Dagegen lebt Prinz Hans Georg Yourievsky, der Urenkel eines anderen Zaren. Mit seiner Frau war er auf PR-Einsatz für das Broadway-Musical in Stuttgart.

Stuttgart - Sollten sich die Russen eines Tages einen Zaren zurückwünschen – stünde er bereit? Prinz Hans Georg Yourievsky, der letzte lebende Urenkel des Zaren Alexander II, antwortet weder mit einem klaren Ja noch mit einem klaren Nein. Die Frage ist für den 57-Jährigen „viel zu theoretisch“. Eher sieht er sich als Botschafter, um die deutsch-russische Freundschaft zu verbessern. Zu politischen Fragen äußert er sich aber nicht.

Sein Geld verdient der Romanow-Nachfahre als Geschäftsmann in der Schweiz, wo er eine Firma leitet, die helfen will, Krankheiten wie Diabetes zu bekämpfen. Prinz Yourievsky freut sich, wie er im Palladium-Theater am Mittwoch im Werbeeinsatz für das MusicalAnastasia“ versichert, dass in der Heimat seiner Ahnen an alte Zarenzeiten erinnert wird, und dass es Ausstellungen gibt, wo man unter kommunistischer Herrschaft der Sowjetunion mit der monarchischen Vergangenheit radikal gebrochen hat.

Die Zarentöchter Katharina und Olga haben viel Gutes in Württemberg getan

Seine Frau Prinzessin Elikonida Yourievsky, die in Stuttgart bürgerlich geboren und heute bei Charity-Events dank russischer Zarenverbindung gefragt ist, findet es gut, dass die Chance des Gatten, eines Tages Zar zu werden, verschwindend gering ist. Herrscher von Russland lebten gefährlich. Nikolaus II, der letzte russische Zar, ist mitsamt seiner Familie, einschließlich der sagenumwobenen Tochter Anastasia, 1918 getötet worden. Auch Alexander II., der Uropa des in der Schweiz lebenden Prinzen, wurde ermordet – 1881 bei einem Attentat in Sankt Petersburg, als er seine Kutsche verließ.

Zu dem Gespräch über eine „Reise durch die Zeit“ hat die Stage Entertainment, die am 15. November Deutschland-Premiere von „Anatasia“ feiert, mit Hauptdarstellerin Judith Caspari eine Expertin des Landesmuseums eingeladen, die bestätigen kann, dass die historischen Fakten stimmen. Katharina Küster-Helse war 2013 Kuratorin der Schau „Im Glanz der Zaren“, mit der die enge Verzahnung des russischen Zarenhofes und des württembergischen Königshauses mit großem Publikumserfolg herausgestellt worden ist. Vor allem die beiden aus Russland stammende Königinnen Katharina und Olga haben die Politik mit ihren sozialen Taten wesentlich beeinflusst.

Woher hat die falsche Anastasia ihre Informationen bezogen?

Zunächst skeptisch ist man, wenn ein 57-Jähriger behauptet, der letzte Urenkel eines Regenten zu sein, der 1881 gestorben ist. Der Stammbaum beseitigt Zweifel. Der Uropa des aus der Schweiz angereisten Gastes setzte in zweiter Ehe in relativ hohem Alter Nachwuchs in die Welt, und sein Vater war 61, als Prinz Hans Georg geboren ist. Während der Oktober-Revolution studierte der Vater im Cambridge, sonst hätte er wohl nicht überlebt. Später traf dieser Anna Anderson, die über Jahrzehnte behauptete, Anastasia zu sein. „Mein Vater erzählte, dass sie Details wusste, die man nur wissen konnte, wenn man tatsächlich am Zarenhof gelebt hat“, sagte Prinz Yourievsky. Hat sie diese Dinge über Bedienstete erfahren?

Heute steht nach DNA-Untersuchungen fest, dass Anna Anderson keine Zarentochter war. Die Legende beruht auf „Fake-News“, wie man heute sagen würde – und doch fasziniert der Mythos die Menschen, wie man am Erfolg von „Anastasia“ am Broadway sieht. Das Prinzenpaar wird zur Premiere in Stuttgart kommen, erfreut darüber, dass russische Geschichte und die russische Seele erneut die Menschen berühren.