Bürgermeister Richter hat unter anderem Flaschentomaten auf seiner Dachterrasse. Foto: Karin Ait Atmane

Reichenbachs Bürgermeister Bernhard Richter experimentiert in seinem Dachgarten mit Obst und Gemüse. Dabei fährt er eine reiche Ernte ein.

Reichenbach - Wer Bürgermeister Bernhard Richters grüne Seite entdecken will, muss zu ihm aufs Dach steigen. Auf der großen Terrasse im dritten Stock des Mehrfamilienhauses grünt und gedeiht es so üppig, dass der Schultes und seine Frau Sabine Weidenbacher-Richter sich nicht nur mit Tomaten und Kartoffeln weitgehend selbst versorgen können.

Auf seinem luftigen und manchmal auch zugigen Dachgarten in der Schorndorfer Straße hat der Bürgermeister nicht nur die Gemeinde im Blick, sondern auch die Spatzen, die mit Vorliebe seine Salatsetzlinge anpicken. Die Krähen, ebenfalls regelmäßige Besucherinnen, machen sich lieber über den Mais her: Von dem habe er selbst eigentlich noch nie was gehabt, sagt Richter. Gelegentlich schauen auch Eichelhäher vorbei und Insekten finden an den Blumen, vor allem aber den blühenden Kräutern, Nahrung.

Gießen dauert täglich 45 Minuten

Dauerhaft bewohnt ist der geschlossene Komposter. „Da hab’ ich mal 1000 Würmer im Internet gekauft“, verrät Richter und geht davon aus, dass sich mittlerweile ungefähr doppelt so viele der wirbellosen Gartenhelfer durch seine Grünabfälle fressen. Der erzeugte Kompost dient zum Auffüllen und Verbessern der Erde in den Pflanzgefäßen. Darüber hinaus schultert der Rathauschef regelmäßig Erd- und Kompost-Säcke und trägt sie in den dritten Stock – einen Aufzug gibt es in dem Haus nicht. Das tägliche kleine Fitnessprogramm, mit oder ohne zusätzlichen Ballast, ist ihm jedenfalls sicher. Und die Freizeitbeschäftigung auch: „Ich bin eine Dreiviertelstunde jeden Tag mit Gießen beschäftigt“, verrät Richter, der dabei von seiner Frau unterstützt wird. Geschöpft wird aus zwei Regentonnen, die allerdings in Trockenphasen nicht ausreichen. Da kommt dann auch der Wasserhahn ins Spiel.

Denn der Bedarf ist groß, an Erde wie an Wasser: In Eimern und Kübeln wachsen dicht an dicht Knoblauch, Karotten, rote Bete, Rosenkohl, Paprika und anderes Gemüse bis hin zur Artischocke. Von den Kartoffeln im Mörtelkübel haben Richters schon im Juli die ersten geerntet; als Stecklinge nehmen sie ausgetriebene Kartoffelknollen aus der Küche. Zucchini, Kürbis und Wassermelone ranken aus ihren Töpfe hinaus und über den Boden. Große Säcke für Baumaterial, sogenannte Big Bags, mit Erde angefüllt, bilden richtiggehende Beete für Salat, Spinat und mehr. Und die Tomaten entlang der Fensterfront gedeihen inzwischen so gut, dass immer mal wieder ein Abend lang Soßeeinkochen angesagt ist.

„Was geht, das geht“

Die Aufzählung könnte man fortsetzen, mit Heidelbeeren, Zitrusfrüchten und den kleinen Bäumchen, die Äpfel, Birnen, Mirabellenpflaumen und Kiwi liefern. Trotzdem, sagt Bernhard Richter, sei er nicht mit einem grünen Daumen geboren und habe auch nicht immer leidenschaftlich gegärtnert. Er fand halt ein paar leere Pflanztröge vor, als er vor 20 Jahren in die Wohnung zog. An denen habe er sich mal versucht. Diesem Prinzip ist er treu geblieben: „Was geht, das geht, was nicht geht, geht halt nicht.“

Offenbar geht aber eine ganze Menge. Urlaub übrigens auch, selbst in der Saison: Wenn Bürgermeister Richter und seine Frau mal nicht zu Hause sind, dann gießt und erntet seine in Reichenbach wohnende Tochter im elterlichen Dachgarten. In diesem Jahr werden die beiden aber einen Großteil ihrer angebauten Früchte selbst verspeisen können, denn ein längerer Urlaub steht bei ihnen im Corona-Jahr nicht an.