Viele Jugendliche sind bei der Demo gegen Upload-Filter. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Gut 10 000 vor allem junge Demonstranten zogen vom Rotebühl- zum Schlossplatz am europaweiten Protest-Samstag gegen die EU-Urheberrechtsreform

Stuttgart - Die jungen Menschen sind wütend: „Wir sind keine Bots“, rufen sie immer wieder laut in der großen Menge am Samstag Nachmittag in der Stuttgarter Innenstadt auf dem Rotebühlplatz. Der Veranstalter dieser Protestveranstaltung gegen Upload-Filter, die Piratenpartei, kann zufrieden sein: Zu einer Auftaktdemo gegen das neue EU-Urheberrecht am 5. März waren etwa 500 Leute gekommen, jetzt sind an die 10 000 da, so die Veranstalter. Zumindest am Ende dieses Protest-Samstags, denn auf dem Marktplatz sind ja auch noch die Gegner des Fahrverbots.

Die Stuttgarter Protestaktion ist Teil einer länderübergreifenden Kampagne gegen die von der EU vorangetriebene Urheberrechtsreform. In München etwa werden 40 000 Demonstranten gezählt. Auffallend: Sehr viele junge Menschen beteiligen sich an dieser Demonstration, haben dazu originelle Plakate entwickelt, trauen sich anfangs zum Teil aber auch noch nicht so richtig, zum harten Kern aufzuschließen vor der Rednertribüne. Es dauert jedenfalls einige Zeit, bis die Veranstaltung beginnen kann, der Zugang zur Königstraße und zu den U-Bahn-Stationen muss ja frei bleiben für die vielen Passanten an diesem sonnigen Wochenende in der Innenstadt.

Andrang auf der Königstraße

Oder liegt dieses Zögern auch an der Materie selbst? Bei der Geläufigkeit von Begriffen wie Bots, Upload oder Posten zeigt sich: Die einen sind in der Welt des Internet schon lange zuhause, andere tun sich da nach wie vor sehr schwer. Und genau ums Internet geht es hier. Die Befürworter dieser Reform des Urheberrechts sehen dies als notwendige Regulierung, die Gegner dagegen wittern Zensur und Zugangsbeschränkungen. Genau das beklagt auch Anja Hirschel von der Piraten-Partei: „Die Entscheidungsträger verstehen nichts von der Sache und denken nur populistisch“, sagt sie, begleitet von viel Applaus. Und ergänzt mit Verweis auf den Schlachtruf der Gegner von Upload-Filtern: „Wir sind Menschen, keine Bots“. Damit meint sie Informationsanbieter vor allem in den sozialen Medien, die nicht von realen Menschen stammen, sondern die automatisch erstellt werden.

Menschen, keine Bots

Das Netz als Neuland

Alvar Freude, Referent für technischen Datenschutz und Informationsfreiheit, formuliert sehr plastisch: „Seit 20 Jahren mache ich nun Netzpolitik, und seit 20 Jahren muss ich insbesondere konservativen Politikern immer aufs Neue erklären, wie das Netz funktioniert. Für die meisten von denen ist das immer noch Neuland. Und die glauben, dass künstliche Intelligenz wirklich intelligent ist.“

Die meisten Anwesenden lachen laut ob solcher Vorstellungen. Daniel Rutz von den Linken bringt es da auf den Punkt: „Systeme, die auf künstlicher Intelligenz beruhen, versagen viel zu oft.“

Außer der Piratenpartei haben in Stuttgart den Protest organisiert der Chaos Computer Club, die Vereinigung No Spy, die Humanisten, die Jungen Liberalen sowie die Journalisten Peter Welchering und Alvar Freude.