Grund zum Lächeln: Trump mit Fans bei der Feier zum 4. Juli im Garten des Weißen Hauses. Foto: AP

Unter Präsident Donald Trump sind die USA mehr gespalten als je zuvor. Viele seiner Anhänger halten ihm aber die Treue. Vorerst jedenfalls. Das zeigt eine Erkundung quer durch Amerika.

Washington - Kann diesem amerikanischen Präsidenten eigentlich gar nichts schaden? Mehr als fünf Monate ist Donald Trump im Amt, die Regierungsbilanz bislang bescheiden. Diverse Ermittlungen zur möglichen Einflussnahme Russlands auf die US-Präsidentschaftswahlen 2016. Bundesstaaten haben ihn wegen möglicher Vermischung von Amt und Geschäft verklagt. Demokraten und linke Aktivisten denken seit Längerem laut über ein Amtsenthebungsverfahren nach, während Trump-Kritiker der Rechten darüber spekulieren, den Präsidenten gleich ganz für amtsunfähig erklären zu lassen.

Doch was denken die Wähler? Trumps Zustimmungswerte sind schlecht. Die Unterstützung für ihn schwindet. Doch das Lager der unversöhnlichen Trump-Gegner besitzt in den USA keine solide Mehrheit: Dem Meinungsforschungsinstitut Yougov zufolge zählen sich 40 Prozent der Amerikaner zu den überzeugten Gegnern, 19 Prozent sind unbeirrbare Unterstützer, 22 Prozent wollen Trump weiter unterstützen, wenn er liefert, was sie sich wünschen. Und die restlichen 19 Prozent würden ihre Ablehnung überdenken, wenn er „einen guten Job macht“. Außerdem: Wenn der Präsident kritisiert wird, nehmen das 79 Prozent seiner Anhänger persönlich – als einen Angriff auf „Leute wie mich“.

Um Trump-Anhänger zu verstehen, spricht man am besten mit Leuten wie Russell Berman aus San Francisco. Der 68-Jährige ist ein gut bezahlter Germanistik-Professor an der Elite-Universität Stanford in Palo Alto, im Herzen des Silicon Valley. Es geht ihm gut, er hat keinen persönlichen Grund zur Klage. Doch von der wirtschaftlichen Entwicklung Amerikas unter dem demokratischen Präsidenten Barack Obama ist der parteipolitisch als „Unabhängiger“ Registrierte schwer enttäuscht. Deshalb vor allem unterstützt er Trump. Weil dessen Regierungsprogramm am ehesten verspreche, das Wirtschaftswachstum der größten Volkswirtschaft der Welt wieder zu beschleunigen. „Drei Prozent Wachstum sind erreichbar“, meint Berman. Vor allem die Regulierungswut unter Obama habe seiner Meinung nach verhindert, dass Unternehmen gegründet und neue Arbeitsplätze geschaffen werden konnten.

Kleinstadt-Amerika für Trump

Doch damit sei jetzt Schluss. Besonders interessant findet der Deutschlandkenner Trumps Interesse an der Lehrlingsausbildung nach deutschem Vorbild. Damit ließe sich die hohe Jugendarbeitslosigkeit mancherorts in den USA gut angehen, meint er. „Nicht jeder sollte aufs College und hat das Zeug zum Mediziner oder Anwalt.“

Dave Moore, ein Bauunternehmer aus Schuylkill Haven, einem kleinen Städtchen – „little town America“ – im ländlichen Pennsylvania, teilt den wirtschaftlichen Optimismus für die gerade beginnende Ära Trump. „Schauen Sie sich doch nur die boomende Börse an.“ Als erfolgreicher Geschäftsmann wisse er am besten, was gut für die Wirtschaft sei, sagt der 68-Jährige. „Trump wurde reich, bevor er zum Politiker wurde.“

Auch Moore meint, ihm persönlich gehe es gar nicht schlecht. Er besitzt eine kleine Baufirma, ein Haus mit Pool, ist glücklich verheiratet, hat vier erwachsene Kinder. Als er mit der Highschool fertig war, ging er von 1968 bis 1972 lieber mit den Marines nach Vietnam als aufs College. Als Hubschrauberpilot selbst abgeschossen, verübelte er es Trump freilich, dass dieser seinen innerparteilichen Gegner John McCain im Wahlkampf verunglimpfte. McCain sei gar kein Kriegsheld, mäkelte Trump damals, schließlich habe er sich gefangen nehmen lassen. Den Aufkleber „Soldaten für Trump“ klebte Moore trotzdem auf sein Auto.

„Er hält die Stellung“

Als großes Plus unter seinen Anhängern wirkt für Trump immer noch, dass er kein traditioneller Politiker und gewiefter Washingtoner Insider ist. Viele Trump-Unterstützer sehen sich nämlich in einem unfairen System gefangen, in dem eine korrupte politische Elite die Regeln nur zu ihren eigenen Gunsten schreibt. „Selbst bei stärkster Opposition in den eigenen Reihen schreckt Trump nicht davor zurück, die Stellung zu halten“, meint dazu Dannika Valenzuela aus dem properen Ogden in Utah, 60 Kilometer nördlich von Salt Lake City. Die Mormonin und Mutter von sieben Kindern, die sie selbst zu Hause unterrichtet, hält dem Präsidenten auch zugute, dass er wie ein echter Mensch redet und nicht wie ein verbogener Politiker.

Die 39-Jährige, die mit einem chilenischen Einwanderer verheiratet ist, hält Trumps Äußerungen über mexikanische Migranten nicht für rassistisch. „Seine Einwanderungspolitik, insbesondere die Idee mit der Mauer an der Grenze zu Mexiko finde ich aber nicht gut“, erzählt sie. Rassismus entdeckt sie weniger bei ihm als bei der älteren weißen Bevölkerung in ihrer Nachbarschaft. Sie verweist darauf, dass das viele spanischsprachige Einwanderer offenbar genauso sehen: Schließlich hätten knapp 30 Prozent der Latino-Wähler bei der Präsidentschaftswahl für Trump gestimmt.

Viele von Trumps Anhängern sind fest davon überzeugt, dass die linke Washingtoner Regierungsbürokratie, das linksliberale Establishment, TV-Satiriker und zahlreiche Mainstream-Medien alles daransetzen, dass Trump mit seinem Regierungsprogramm gegen die Wand fährt. Genährt werden diese Vorstellungen von rechten Medien wie dem Fernsehsender Fox-News oder noch rechteren Internetplattformen wie „Breitbart News“. „Der koordinierte Plan, Trump komplett zu blockieren, ist doch offensichtlich“, meint Troy Davidson. Der 45-jährige IT-Experte bei einem Hospizunternehmen in der osttexanischen Stadt College Station, sieht sich als Teil „eines Aufstands der schweigenden Mehrheit im christlichen Amerika“.

Der Strudel des Systems

Er wendet sich entschieden gegen Obamas Ausweitung des Wohlfahrtsstaats, zum Beispiel durch seine Krankenversicherung, auf Menschen, die nichts dazu beitrügen, gegen offene Grenzen für illegale Einwanderer, gegen die Scharia und gegen das Bestrafen der Sparer durch staatliche Schuldenpolitik. Insofern ist Trumps Politik für den verheirateten Vater von drei Kindern unzweifelhaft „auf die Mittelklasse ausgerichtet“. Das größte Risiko in seinen Augen: „Dass er in den Strudel des Systems hineingesaugt wird, anstatt zu regieren.“ Und so etwa nicht endlich die Kostenexplosion im Gesundheitswesen eindämmt.

Überhaupt stehen viele der Trump-Anhänger alles andere als vorbehaltlos hinter ihrem Präsidenten. Für den blitzgescheiten 19-jährigen Geschichtsstudenten Max Minshull, der in Stanford, als offen bekennender Anhänger, einiges über sich ergehen lassen muss, ist Trump ein „unkonventioneller Präsident“, der den US-Bürgern wieder ihren Nationalstolz zurückgeben wolle. „Wir müssen uns nicht dafür entschuldigen, dass wir Amerikaner sind.“ Entscheidend auch für Minshull ist, ob Trump sein Programm auch wenigstens in Teilen durchsetzt. Das Urteil darüber stehe noch aus. „Aber bis zu den Halbzeitwahlen 2018 hat er schon jede Menge Zeit verplempert“, meint er. Für ihn ein absolutes Tabu wäre es, wenn sich Trump, statt mit den Demokraten im Kongress den Kompromiss zu suchen, der extremen Rechten weiter annähern würde.

Solange sich Minshull und die anderen Unterstützer nicht von Trump abwenden, werden ihm auch die Republikaner im Kongress die Treue halten. Sie möchten möglichst viel von ihrem Programm – die Reform der Krankenversicherung, eine große Steuerreform und die Deregulierung – in Gesetze umsetzen und brauchen die Trump-Anhänger, um bei den Wahlen im November 2018 ihre Mehrheit zu verteidigen. „Die Republikaner, die im Kongress zur Wiederwahl stehen, werden sich erst von Trump abkehren, wenn er ihnen schadet. Das geschieht aber noch nicht“, erklärt der US-Historiker Walter LaFeber. Im Westen also wenig Neues. Neu ist nur, sorgt sich Stanford-Germanist Berman, dass Trump der erste Präsident sei, der sich „impulsiv“ per Twitter in die Politik einmische. Er könnte sich so selbst ein Bein stellen. „Es wäre besser, er wäre vorsichtiger mit seinen Tweets.“