Von Marie-Dominique Aubry stammt die Idee, Auszubildende nach Frankreich einzuladen. Foto: factum/Bach

Eine Austausch-Idee aus der Partnerstadt Vesoul wird bei einem Gerlinger Unternehmertreffen konkreter. Die Firma Glotz wäre bereit, Lehrlinge auch in Frankreich ausbilden zu lassen.

Gerlingen - Unternehmertreffen sind gute Gelegenheiten, um Kontakte zu knüpfen. Manager lernen Kollegen aus anderen Bereichen kennen, man stellt die eigene Branche und deren Probleme vor, man redet über gemeinsame Themen, vereinbart weitere Treffen, tauscht Visitenkarten aus, verbringt einen netten Abend miteinander. Der Gastgeber kann sich und seine Firma, seine Produkte und Ideen präsentieren, vielleicht auch ein Konzept zu einem Thema, das alle angeht.

Genau so funktionieren auch die Unternehmertreffen, die der Gerlinger Stadtmarketingvereinzusammen mit der Stadtverwaltung seit einiger Zeit anbietet. Denn Stadtmarketing betrifft nicht nur die Bürger, sondern auch die Wirtschaft – egal, ob diese Produkte und Dienstleistungen für den Konsumenten oder die Industrie anbietet. Zum dritten Mal hat jetzt ein solches Forum bei der Gerlinger Firma Wagner stattgefunden. Dabei gab es neben Gartengeräten und Hochdruckreinigern und einem Überblick über diese Branchen noch etwas Besonderes: eine konkreter werdende Idee aus Frankreich, genauer, der ältesten Partnerstadt Gerlingens – Vesoul.

Partnerschaft findet demnach nicht nur statt, wenn der Musikverein oder ein Kirchenchor einen Besuch im Nachbarland macht. Oder wenn eine Delegation aus dem Nachbarland zum Straßenfest kommt. Das ist bekannt und bewährt. Aber Partnerschaft findet auch in der Wirtschaft statt. Auszubildende könnten das Nachbarland besuchen und in Firmen lernen, mit denen ihr Betrieb kooperiert. Beim letzten Unternehmensforum im Vitalzentrum Glotz hatte Marie-Dominique Aubry von der Départementsverwaltung diese Idee skizziert, nun wurde diese vertieft.

Unternehmen als Partner gesucht

„Sie sind unser erster Partner auf der europäischen Ebene“, sagte Aubry vor den rund 80 Besuchern. „Wir haben Betriebe, die gerne Kontakte hätten zu deutschen Firmen. Wir müssen mit der jungen Generation anfangen.“ Es gebe kleine Betriebe in der Stadt und dem Département, aber auch den Autohersteller Peugeot. „Einer so charmanten Einladung kann man sich nicht entziehen“, sagte der Bürgermeister Georg Brenner. Der Austausch werde dadurch vereinfacht, dass es in Vesoul Betriebe gibt, in denen Deutsch gesprochen wird, ergänzte Aubry. Mit der Gerlinger Firma Glotz etwa sei man im Gespräch.

27 Ausbildende sind im Moment bei Glotz beschäftigt, davon 16 in der Orthopädietechnik. „In diesen Berufen gibt es einen echten Mangel an Auszubildenden“, sagte der Glotz-Geschäftsführer Christian Weyhofen unserer Redaktion. Duale Ausbildung in Firma und Schule wie in Deutschland kenne man in Frankreich nicht. Zurzeit sei man dabei, die grundlegenden Themen und Probleme darzustellen, den Lehrplan etwa, aber auch Organisatorisches, wie die Frage der Sprache während der Ausbildung. Er könne sich vorstellen, dass sich seine Firma in Vesoul engagiere, so Weyhofen – auch wenn man noch keine Erfahrung in überregionaler Ausbildung habe.

Wenn man mit fünf jungen Menschen in die neue Form der Ausbildung starten könne, sei das prima. Die Anerkennung des Abschlusses in beiden Ländern müsse noch ebenso geklärt werden wie die Frage der Eingangsvoraussetzungen: In Deutschland reiche die Mittlere Reife, die Franzosen setzten das Baccalaureat voraus, also das Abitur. So groß die Zahl der noch offenen Fragen ist, bei einem ist sich Weyhofen sicher: „Ich mache mir die wenigsten Sorgen darüber, Bewerber zu bekommen.“