Der Angeklagte hat vor dem Landgericht Stuttgart alle Vorwürfe zugegeben. Foto: Weingand / STZN

Ein 67-Jähriger hat mit fingierten Rechnungen an seine Firma rund 1,2 Millionen Euro an Abgaben hinterzogen. Eine Bewährung kam wegen des hohen Betrags nicht in Frage.

Schorndorf/Stuttgart - Das Verhalten des 67-jährigen Angeklagten hatte fast irrationale Züge, denn seine Steuerhinterziehungen, die er von 2009 bis 2014 beging, waren seit Langem zum Scheitern verurteilt. Bereits nach drei Jahren sprach das zuständige Finanzamt den Bauunternehmer an, dass aufgrund seiner Steuererklärungen der Verdacht des Betrugs im Raum stünde. „Doch Sie haben einfach weitergewurschtelt“, konstatiert Roderich Martis, der Vorsitzende Richter der 11. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts. Diese hat den Schorndorfer am Montag zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft wegen schwerer Steuerhinterziehung verurteilt. Eine Bewährung ist aufgrund des Strafmaßes von mehr als zwei Jahren Haft nicht möglich.

Geständnis ohne Deal abgelegt

Rund 1,3 Millionen Euro hat der Angeklagte hinterzogen. Von diesen hat er zwar rund 400 000 Euro abbezahlt, doch bleibt ein Schaden von mehr als 1,2 Millionen Euro übrig. Ein schwerer Fall der Steuerhinterziehung beginne bereits ab einem Betrag von 50 000 Euro, führte der Vorsitzende Richter aus. Außerdem hat der Angeklagte bereits zwei Vorstrafen, die zwar nicht mit Steuerstraftaten zu tun haben, aber mit der klammen finanziellen Situation seiner Firmen. Wegen Insolvenzverschleppung war er zu einer Geldstrafe verurteilt worden, wegen Bankrotts zu einer Bewährungsstrafe. Als er mit den Steuerhinterziehungen begann, stand der Unternehmer unter Bewährung, ein weiterer Punkt, der sich auf das Urteil auswirkte.

Wie ein Getriebener hatte der 67-Jährige wieder eine Firma gegründet, nachdem die vorigen finanziell Schiffbruch erlitten hatten. Um Verbindlichkeiten auszugleichen, habe er Geld gebraucht, dieses jedoch nur aus laufenden Baustellen generieren können, hatte der Bauunternehmer vor Gericht gesagt. So sei er schließlich auf die Idee gekommen, mit falschen Rechnungen die Umsatzsteuer zu senken, warf ihm die Staatsanwaltschaft vor.

Sämtliche Anschuldigungen gab der Angeklagte zu. „Und das, ohne vorher um eine Vergünstigung gefeilscht zu haben, wie wir das oft erleben“, betonte der Vorsitzende Richter. Auch das sei im Strafmaß berücksichtigt worden. Mit zwei Jahren und zehn Monaten Haft ist dieses weit milder ausgefallen als der Antrag der Staatsanwaltschaft, die den 67-Jährigen für vier Jahre und vier Monate hinter Gitter bringen wollte. Dennoch stimmte der Staatsanwalt dem Urteil zu, wie auch der Angeklagte nach einer kurzen Beratung mit seinem Anwalt. Damit ist das Urteil rechtskräftig.

Ein Monat Haft wird erlassen

Bis zum Haftantritt werde es noch einige Wochen dauern, sagte der Vorsitzende Richter, der dem Verurteilten riet, das Beste aus der Situation zu machen. Die Kammer habe vor geraumer Zeit einen Mann wegen eines Wirtschaftsdelikts zu einer ähnlichen Strafe verurteilt. Dieser sei jedoch bald Freigänger geworden, weil er sich eine Anstellung verschafft hatte. Schlussendlich sei der Mann bereits nach einem Jahr wieder auf freiem Fuß gewesen.

Dem 67-Jährigen erließ das Gericht einen Monat seiner Strafe, weil er sich zusammen mit dem Insolvenzverwalter seiner Firma für eine Wiedergutmachung des Schadens eingesetzt hatte. Doch bleiben damit vorerst immer noch zwei Jahre und neun Monate Haft übrig.