Demonstranten und Polizisten haben sich heftige Straßenschlachten im Libanon geliefert, bei denen viele Verletzte zu beklagen waren. Foto: dpa/Bilal Jawich

Nachdem es der Politik wieder einmal nicht gelungen ist, eine neue Regierung auf die Beine zu stellen, machen Demonstranten ihrer Wut vor dem Parlament Luft.

Beirut - Tränengas gegen improvisierte Flammenwerfer - im Libanon ist es auch am Sonntag zu heftigen Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Protestierer versuchten, Metallsperren vor dem Parlament zu überklettern. Einige warfen mit Steinen und anderen Gegenständen auf die Polizei, andere sprühten mit dem entzündeten das Gas von Sprayflaschen. Rufe nach „Revolution“ waren zu hören. Die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und später Gummigeschosse ein und die Menge auseinander zu treiben.

Das Rote Kreuz und Zivilschutzteams teilten mit, mindestens 114 Menschen verletzt worden. 47 Personen seien in Krankenhäuser gebracht worden. Reporter berichteten, die meisten Verletzten seien von Gummigeschossen getroffen worden, einige im Gesicht und am Oberkörper.

Das Land wird von einer Rezession gebeutelt

Im Libanon, der in einer schweren Wirtschaftskrise steckt, kommt es seit Monaten zu Protesten. Die Demonstranten fordern ein Ende von Korruption und Misswirtschaft durch die politische Klasse, die das Land seit drei Jahrzehnten regiert. Im Zuge der Proteste trat Ende Oktober die Regierung von Ministerpräsident Saad Hariri zurück. Seither gelang es nicht, eine neue zu bilden. Ein letzter Versuch scheiterte erst am Freitag.

Schon am Samstag hatte es schweren Zusammenstöße zwischen Polizei und Sicherheitskräften gegeben. Bereitschaftspolizisten schossen Tränengas und Gummigeschosse auf Demonstranten, die sich zu Tausenden außerhalb des Parlaments und im Zentrum von Beirut versammelt hatten. Einige der Demonstranten, die aus dem ganzen Land angereist waren, warfen Steine, Bengalos, Metallstangen und Äste auf die Sicherheitskräfte.

Fast neun Stunden Straßenschlachten

Die Straßenschlachten am Samstag dauerten fast neun Stunden. Mindestens 377 Menschen auf beiden Seiten wurden nach Angaben des Roten Kreuzes verletzt. Mehr als 120 Menschen mussten in Spitäler gebracht werden. Die Sicherheitskräfte sprachen von 142 Verletzen auf ihrer Seite, einige hätten schwere Gehirnerschütterungen erlitten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf den Sicherheitskräften brutales Vorgehen vor und forderte, eine „Kultur der Straflosigkeit“ für Misshandlung durch die Polizei zu beenden.

Die Staatsanwaltschaft ordnete an, am Sonntag 34 Menschen wieder freizulassen, die während der Straßenschlachten vom Vortag festgenommen worden waren. Nach Angaben von Verteidigungsanwälten wurden am Samstag 43 Menschen festgenommen. Elf von ihnen kamen noch am selben Tag wieder frei, die übrigen am Sonntag.