Generalsekretär Paul Ziemiak und seine Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer haben sich erste Fehler geleistet. Foto: dpa

Unter dem Führungsduo Annegret Kramp-Karrenbauer und Paul Ziemiak hat sich die CDU im vergangenen halben Jahr schon einige Fehltritte geleistet – zuletzt im Umgang mit dem Youtuber Rezo. Die Nervosität erfasst die Parteigremien.

Berlin - Als Paul Ziemiak die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg auf Twitter angriff, versah der CDU-Generalsekretär seine Attacke mit dem Emoji eines Affen, der sich die Augen zuhält und dem Ausruf „Arme Greta!“. Das ist dreieinhalb Monate her. Jetzt geht es vielen in der Partei wie dem Affen, wenn sie auf das Konrad-Adenauer-Haus gucken: Sie möchten einfach nur noch die Hände vor das Gesicht schlagen.

Ein gutes halbes Jahr hat das Duo aus der Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Ziemiak die Fäden in der Hand – ihre Bilanz ist äußerst durchwachsen. In der Partei wird anerkannt, dass es AKK nach dem Wettkampf um die Nachfolge von Angela Merkel an der CDU-Spitze gelungen ist, die Anhänger des unterlegenen Friedrich Merz einzubinden. Auch das von ihr ins Leben gerufene „Werkstattgespräch“ zur Aufarbeitung der Flüchtlingspolitik unter Merkel kam in der Union gut an. In Teilen der Bevölkerung sorgte sie aber für Stirnrunzeln, als sie auf einer Fastnachtsveranstaltung über Toiletten für das dritte Geschlecht witzelte.

Die CDU ist vom Wahlergebnis tief getroffen

Vermutlich traf sie damit zwar – ebenso wie Ziemiak mit seiner Kritik an der Klimaaktivistin Greta Thunberg – den Nerv vieler in der CDU. Die erste große Wahl unter Verantwortung der beiden ging mit dem schlechten Abschneiden bei der Europawahl am Sonntag jedoch in die Hose. Laut Wahlanalysen machten nur wenige junge Wähler ihr Kreuz bei der CDU. Zudem lag den Bürgern besonders das Thema Klimaschutz am Herzen. Wie sich die CDU nun aufstellt, soll ab Sonntag auf einer zweitägigen Klausurtagung beraten werden.

Die bisherigen Reaktionen in der CDU auf das Wahlergebnis zeichnen das Bild einer von dieser Entwicklung tief getroffenen Partei. Der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß aus dem Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen griff etwa Jungwähler an. Deren Haltung zu einer CO2-Steuer werde sich sicherlich ändern, wenn „die Erstwähler mal ihr eigenes Geld verdienen und selber spüren, wer das alles bezahlen muss“, ätzte Bareiß. Auch der Waiblinger Abgeordnete Joachim Pfeiffer teilte aus und bezeichnete die Klimadebatte als „nur noch schwer erträglich“. Für viele sei „der vermeintliche Klimaschutz offenbar zu einer Art Ersatzreligion geworden“.

„Das Krisenmanagement ist eine Katastrophe“

Die Verunsicherung in der CDU äußert sich nicht nur in Verbalattacken auf die Wähler – auch die Kritik an der Parteiführung wächst. Das sei bei der Wahlnachlese in den Parteigremien am Montag deutlich geworden, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Besorgt wird beobachtet, wie nervös die Parteispitze in der Wahlkampfendphase auf die millionenfach geklickte Kritik des Youtubers Rezo reagierte. „Das Krisenmanagement ist eine Katastrophe“, sagte ein Bundesvorstandsmitglied.

Als ein Verantwortlicher dafür wird neben der Parteichefin und Ziemiak auch Kramp-Karrenbauers enger Berater Nico Lange gesehen, der bald offiziell Nachfolger des langjährigen CDU-Bundesgeschäftsführers Klaus Schüler werden dürfte. Doch auch die Zweifel an AKK selbst nehmen zu. Inzwischen wird in der CDU die Frage gestellt, wie kanzlerfähig Kramp-Karrenbauer eigentlich ist.

Laschet distanziert sich von AKK

Einen neuen Shitstorm löste eine sichtlich angefressene Kramp-Karrenbauer am Montag aus, indem sie noch einmal auf die Netzaktivisten losging und sich mit missverständlichen Äußerungen den Vorwurf einhandelte, die Meinungsfreiheit im Internet beschneiden zu wollen. Damit erntete sie auch Widerspruch aus den eigenen Reihen: „Als Politiker muss man jede Kritik hinnehmen, das gehört zur Demokratie“, sagte CDU-Vizechef Armin Laschet am Dienstag. Dem Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen werden übrigens Ambitionen aufs Kanzleramt nachgesagt.