Die Gesundheitsorganisation Planned Parenthood nimmt in den USA Schwangerschaftsabbrüche vor. Viele Konservative sind gegen Abtreibungen. Foto: AP

Ist „Unplanned“ ein Propaganda-Film des konservativen Lagers? Übt das liberale Hollywood Zensur aus? Um den Anti-Abtreibungsfilm ist in den USA eine heftige Debatte entbrannt. Sie führt bis nach Washington.

Los Angeles - „Unplanned“ ist ein Film über ungeplante Schwangerschaften und die Arbeit einer jungen Amerikanerin in einer Abtreibungsklinik. Er beruht auf einer wahren Geschichte, heißt es im Vorspann des Films, der in den USA eine hitzige Debatte ausgelöst hat. Eigentlich ein Stoff, den auch Teenager sehen sollten, doch mit der strengen R-Altersfreigabe von Hollywoods Filmverband Motion Picture Association of America (MPAA) sind Jugendliche unter 17 Jahren nur in Begleitung Erwachsener zugelassen.

„Verstörende, blutige Bilder“

Die Begründung für den strikten R-Stempel sind „einige verstörende, blutige Bilder“. Tatsächlich zeigt „Unplanned“ wie Frauen heftig bluten und Föten abgesaugt werden. Die Filmemacher beziehen als Abtreibungsgegner mit Schockeffekten ganz klar Stellung. In den sozialen Medien geraten Verfechter und Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen aneinander, das Gerangel um den Film kam auch bei einer Senatsanhörung in Washington zu Wort.

Erzählt wird die Geschichte der Texanerin Abby Johnson, die acht Jahre lang in einer Klinik der Gesundheitsorganisation Planned Parenthood arbeitete, wo Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Johnson hatte selbst zweimal abgetrieben und war eine Pro-Choice-Verfechterin, bis sie 2009 einen Eingriff auf Ultraschall verfolgte, der sie traumatisierte. Sie kündigte und schloss sich als Aktivistin der Lebensrechtsbewegung an. Nach den Memoiren der heute 38-Jährigen haben die Regisseure und christlichen Pro-Life-Verfechter Cary Solomon und Chuck Konzelman „Unplanned“ gedreht.

Abtreibungen sind Trump ein Dorn im Auge

Seit dem US-Kinostart Ende März hat der mit völlig unbekannten Schauspielern billig produzierte Film schon mehr als 15 Millionen Dollar eingespielt. Solche „faith based“ Produktionen mit religiösen Botschaften haben in den USA vor allem unter strenggläubigen Evangelikalen großen Zuspruch.

US-Präsident Donald Trump und sein Vizepräsident Mike Pence, ein überzeugter Abtreibungsgegner, lobten den Film. Den meisten Republikanern ist die seit 1973 legalisierte Wahlfreiheit für Frauen, eine Schwangerschaft abzubrechen, ohnehin ein Dorn im Auge.

Um den Film ist nun eine Debatte um angebliche Zensur und die Beschneidung konservativer Inhalte durch das liberale Hollywood entbrannt. Das Team von „Unplanned“ lamentiert, dass die meisten Fernsehkanäle in den USA sich weigerten, Werbung für den Film zu schalten. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter geriet ins Kreuzfeuer. Am Kinostart-Wochenende von „Unplanned“ war das Twitter-Konto des Films vorübergehend gesperrt worden.

Twitter sperrt Film-Konto

Regisseur Konzelman legte bei einer Anhörung vor einem Senatsausschuss in Washington Zensur nahe. Twitter erklärte es mit einem automatisierten Sperrvorgang, der schnell wieder aufgehoben worden sei. Bei Google wurde der Pro-Life-Film kurzzeitig als „Drama/Propaganda“ gelistet, später entfernte die Suchmaschine die Beschreibung als Propaganda-Film.

Doch genau das kreiden die Kritiker renommierter Branchenblätter dem Film an. „Unplanned“ sei eine Mischung aus Agitation und Propaganda, schrieb der „Hollywood Reporter“. Äußerst wirksam für jene Zielgruppe, die legale Abtreibung als Verbrechen ansieht, befand „Variety“. Den Regisseuren ist jedes Mittel Recht, Planned Parenthood als böse, mächtige Organisation mit kaltblütigen Mitarbeitern darzustellen, die schwangere Frauen zu Abtreibungen drängen.

Film sei „voller Unwahrheiten“

Eine Kernszene, in der Abby Johnson (gespielt von der US-Schauspielerin Ashley Bratcher) einen Schwangerschaftsabbruch auf dem Ultraschall-Monitor verfolgt, zeigt einen Fötus während des Eingriffs. Er habe sich dabei „gewunden und um sein Leben gekämpft“, beschreibt Johnson den Vorgang. Der Film sei „voller Unwahrheiten“, sagte Planned Parenthood in einer Mitteilung.

„Nicht leicht anzusehen, aber sehr überzeugend“, erklärte eine 54-jährige Kinogängerin im kalifornischen San Bruno bei San Francisco nach der knapp zweistündigen Vorstellung. Mit 17 Jahren haben sie selbst eine Abtreibung gehabt, aber nun sei sie eine vehemente Gegnerin. Sie wünsche sich, dass möglichst viele Menschen diesen Film sehen würden.

Deutscher Kinostart ist nicht geplant

Es ist fraglich, ob „Unplanned“ auch in die deutschen Kinos kommt, einen Starttermin gibt es derzeit nicht. Die meisten US-Produktionen mit einer explizit religiösen Botschaft enden im DVD-Vertrieb. So erging es etwa den Filmen „Do You Believe?“ mit Mira Sorvino und „God’s Not Dead“, beide nach dem Drehbuch von Cary Solomon und Chuck Konzelman.

Ausnahmen waren die Bestseller-Verfilmung „Die Hütte“ (2017) und der Film „Himmelskind“ (2016), der von der wundersamen Heilung eines todkranken Mädchens erzählt. Jennifer Garner übernahm in der christlichen Erbauungsgeschichte eine Hauptrolle. Ähnlich gestrickt ist das Drama „Breakthrough - Zurück ins Leben“, das Mitte Mai in Deutschland anlaufen soll. Nach dem Einbruch in einen zugefrorenen See wird ein für klinisch tot erklärter Junge durch Gebete wieder zurück ins Leben geholt, so die Handlung des Films. Er „beruht auf der inspirierenden wahren Geschichte“ von unerschütterlicher Mutterliebe, heißt es in der Beschreibung.