Lang-Lkw von Elflein rollen seit Juli zum Daimler-Werk in Sindelfingen Foto: dpa

Seit drei Montaen dürfen auf bestimmten Strecken im Land Lang-Lkw fahren. Die meisten davon sind für Daimler unterwegs. Das erzürnt viele Spediteure, die nicht berücksichtigt wurden und nun das Verkehrsministerium kritisieren.

Stuttgart - Die Lang-Lkw rollen – und keiner merkt es. So könnte das vorläufige Fazit lauten, nachdem sich Baden-Württemberg Ende Juli dem bundesweiten Feldversuch angeschlossen hat. Laut Bundesanstalt für Straßenwesen sind auf den genehmigten Strecken im Land derzeit sechs Speditionen mit insgesamt 13 Lang-Lkw unterwegs. Die meisten von ihnen, wie die Spedition Elflein aus Bamberg, bedienen dabei Werke des Daimler-Konzerns etwa in Rastatt und Sindelfingen. Dort ist man mit dem bisherigen Verlauf des Tests zufrieden. „Die Lkw fahren unauffällig mit – es gab bisher keinerlei Probleme“, sagte ein Daimler-Sprecher. Die Fahrzeuge seien sehr gut ausgelastet und könnten damit die erhofften Einsparungen bei Verbrauch und klimaschädlichen Abgasen erbringen. Zu Beginn des Versuchs hatte Daimler-Lkw-Chef Wolfgang Bernhard angekündigt, man gehe auf den fünf Relationen von einer Reduzierung der CO2-Belastung um etwa 1000 Tonnen pro Jahr aus.

Strecken sind auf Daimler zugeschnitten

Zwar begrüßt auch der baden-württembergische Speditionsverband VSL den Start des Feldversuchs. Dass die Strecken jedoch eindeutig auf die Bedürfnisse des großen Daimler-Konzerns zugeschnitten sind, stößt laut Geschäftsführer Andrea Marongiu den Verbandsmitgliedern sauer auf. „Bei einigen, die auch Interesse angemeldet hatten, ist die Enttäuschung natürlich groß, nicht dabei sein zu können.“ So seien sogar Strecken abgelehnt worden, die zu den Kombi-Terminals der Bahn geführt hätten.

Bei der Auswahl der Strecken war das Verkehrsministerium ganz bewusst restriktiv. Sie sei Teil der Kooperation mit Daimler zum Thema Lang-Lkw und so angelegt, dass mehrere Produktionsstandorte anzufahren seien. „Dazu kamen noch wenige Strecken anderer Unternehmen – das Ziel der Kooperation bestand in neuen Erkenntnissen, nicht aber im möglichst breiten Einsatz von Lang-Lkw“, so ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Auch Daimler hat von 17 Anträgen nur fünf durchgebracht. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gilt als Gegner der Lang-Lkw, er befürchtet eine schleichende Verlagerung von Gütern von der Schiene auf die Straße.

Roland Rüdinger ist einer derjenigen, die nicht zum Zuge gekommen sind. Sein Unternehmen sitzt in Krautheim bei Boxberg in der Nähe der A 81. Mit drei normalen Sattelzügen sammelt er jeden Tag Stückgut ein, um dieses nach Fulda in die Sammelstelle zu bringen. Die drei Laster wollte er eigentlich ersetzen durch zwei Lang-Lkw. Zwar dürfte er auf der A 81 nun fahren, doch die Strecke von seiner Spedition dorthin wurde vom Verkehrsministerium des Landes nicht genehmigt. Für Rüdinger ist das ein Unding, zumal eine Alternative auf der Schiene in Krautheim weit und breit nicht in Sicht ist. „Wegen unseres grünen Verkehrsministers muss ich jede Nacht 150 Liter Diesel sinnlos verbrennen“, poltert er.

Spediteur: Nachteile für heimische Firmen

Weil wie er auch andere Speditionen nicht berücksichtigt worden sind, befürchtet er gravierende Nachteile für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen. Denn die Erfahrung mit Lang-Lkw sei immer öfter Teil von großen Ausschreibungen. „Wenn ich diese Technik nicht beherrsche, brauche ich mich für solche Aufträge auch nicht zu bewerben“, sagt er. Stattdessen hätten diejenigen Bundesländer einen Vorteil, die beim Feldversuch des Bundes nicht nur halbherzig mitmachten.

Rüdinger will es nun machen wie sein Kollege von der Spedition Schwarz in Herbrechtingen bei Heidenheim. Der hatte jahrelang normale Lastwagen auf einen Rastplatz der zu Bayern gehörenden A 7 gefahren, um die Fracht dann auf Lang-Lkw umzuladen. Der medienwirksame Protest hatte offenbar Erfolg, denn die von der Spedition beantragten Strecken sind auch Teil des Feldversuchs geworden. „Durch das größere Ladevolumen wird weniger CO2 produziert, denn es können weniger Fahrzeuge eingesetzt werden“, sagt Geschäftsführer Thomas Schwarz. Weder Unfälle noch sonstige Probleme habe es bisher gegeben, auch nicht in Kreisverkehren. Rüdinger will nun ebenfalls auf einem Rastplatz der A 81 mit einem Lang-Lkw starten, um Erfahrungen mit der Technik zu sammeln.

Feldversuch läuft bis Ende 2016

An dem Streckenplan wird sich laut Verkehrsministerium aber vorerst nichts ändern. Zuerst soll das Ergebnis des Gutachtens abgewartet werden, dass das Land zusammen mit Daimler in Auftrag geben will, um die Auswirkungen der Lang-Lkw auf den CO2-Ausstoß und eine mögliche Verlagerung von der Schiene auf die Straße wissenschaftlich zu untersuchen. Das Design der wissenschaftlichen Untersuchung sei zwischen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz, dem Verkehrsministerium sowie Daimler abgestimmt und befinde sich derzeit in der Ausschreibung, eine Veröffentlichung sei in den nächsten Wochen zu erwarten. Der Feldversuch des Bundes mit Lang-Lkw läuft bis Ende des Jahres 2016. Mit Resultaten der Studie aus Baden-Württemberg ist wohl erst danach zu rechnen.

Roland Rüdinger würde nur ungern so lange warten. „Ich hoffe, dass sich nach der nächsten Landtagswahl im März 2016 die Vernunft durchsetzt“, sagt er.