Den Helfern bot sich ein schreckliches Bild an der Unfallstelle. Die Frau und der Mann in dem Kleinwagen, gegen den der Jaguar stieß, konnten nur noch tot geborgen werden. Foto: SDMG

Nach einem folgenschweren Unfall kommt der 20-jährige Verursacher wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in Untersuchungshaft. Er war mit einem 550 PS starken Jaguar in einen Kleinwagen gekracht.

Stuttgart - Zwei Menschen sind in der Nacht zum Donnerstag beim Ufa-Palast am Nordbahnhof ums Leben gekommen. Der 25-jährige Mann und die 22-jährige Beifahrerin in einem Kleinwagen waren sofort tot, nachdem gegen 23.30 Uhr ein Jaguar F-Type R gegen ihr Auto geprallt war. Am Steuer des Sportwagens saß ein 20-jähriger Mann, der die Kontrolle über den des 550-PS-starken Wagen verloren hatte, wie die Polizei meldet. Die Staatsanwaltschaft beantragte einen Haftbefehl wegen fahrlässiger Tötung gegen den Fahrer. Er und sein 18-jähriger Beifahrer wurden nur leicht verletzt. Ein Gutachter soll nun den genauen Unfallablauf rekonstruieren. Dabei wird der Frage, wie schnell der Jaguar war, eine zentrale Bedeutung zukommen. Es geht darum, ob der Unfall als fahrlässige Tötung, Totschlag oder gar als Mord gewertet werden wird.

Der 20-Jährige fuhr mit dem Luxuscoupé auf der Rosensteinstraße in Richtung Nordbahnhofstraße. Bevor er den Ufa-Palast erreichte, geriet der Wagen ins Schleudern. Er kam auf die Gegenfahrbahn. Dort rammte er mit der Front die Beifahrerseite des Kleinwagens, der an der Ausfahrt einer Tiefgarage stand. Der 25-Jährige wollte auf die Rosensteinstraße einbiegen. Auf der Beifahrerseite saß die junge Frau. Mit der Fahrerseite wurde der Citroën danach gegen einen Baum und in die Außenbestuhlung eines Bistros geschleudert. Der Jaguar prallte gegen einen Pfeiler und blieb dann ebenfalls stehen.

Im Lokal sahen die Gäste die Autos auf sich zu schleudern. Nur die Pfeiler stoppten diese. Die Rettungskräfte konnten nichts mehr für die Unfallopfer tun. Sie waren schon tot, als die ersten Helfer eintrafen. Der 25-jährige Mann und die 22-jährige Frau sollen erst der vor Kurzem von Neuss in Nordrhein-Westfalen nach Stuttgart gezogen sein.

Der Vermieter fordert ein Mindestalter von 19 Jahren

Den Jaguar hatte der Unfallverursacher nach Informationen unserer Zeitung bei einem kleinen Verleih in Nürtingen (Kreis Esslingen), gemietet. Der Firmeninhaber war am Donnerstag nicht zu erreichen. Er hat sich auf Luxuslimousinen spezialisiert, mit nur wenigen ausgewählten Modellen im Fuhrpark. Wer bei ihm mieten will, muss lediglich ein Mindestalter von 19 Jahren haben. Das ist laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) auch kein Problem: „Wir geben keine Alterstgrenze vor für Haftpflichtversicherungen. Das ist Verhandlungssache bei Vertragsabschluss“, erläutert eine Sprecherin des GDV. Der Jaguar war ab 149 Euro pro Tag zu haben.

Die Polizei geht davon aus, dass der Wagen vor dem Unfall aufgefallen sein muss. „Wir bitten Zeugen, uns zu melden, wo er unterwegs war“, sagt der Polizeisprecher Johannes Freiherr von Gillhaußen. Anwohner sind der Meinung, dass die Polizei an dem Abend schon früher hätte merken müssen, dass der Wagen dort umherfuhr: Einem Fernsehbericht zufolge soll ein Bewohner bei der Polizei angerufen haben, um ein lautes Autogeräusch zu melden. Das könnte zum Unfallwagen passen: Der Vermieter wirbt mit dem Ausstattungsmerkmal „extrem laute Auspuffklappenanlage“. „Im Lagezentrum ging kein Anruf dieser Art ein“, sagt der Sprecher. Dort landen die unter 110 abgesetzten Notrufe. Die Abfrage bei den Revieren laufe, solchen Meldungen gehe die Polizei grundsätzlich nach.

Ein Bewohner des Viertels wandte sich nach Bekanntwerden des Unfalls an unsere Zeitung und sagte, die Rosensteinstraße sei schon lange als „Raserstrecke“ bekannt. Die Polizei teilt diese Einschätzung nicht, die Rosensteinstraße sei – anders als die Friedrich- und die Theodor-Heuss-Straße – nicht als Tummelplatz der motorisierten Vergnügungsszene bekannt. Auch von der Stadt kommt eine andere Einschätzung: „Das Gebiet war bislang recht unauffällig. Beschwerden von Anwohnern liegen uns keine vor“, sagt Sven Matis, der Sprecher der Stadt. Das Ordnungsamt habe routinemäßig dort die Geschwindigkeit überwacht. Allerdings zwischen 6 Uhr und 20 Uhr tagsüber. Nur zwei Prozent der Autos seien zu schnell gewesen. Nach dem Unfall soll die Lage neu betrachtet werden. „Wir werden mit der Polizei besprechen, ob es noch Möglichkeiten zur Verbesserung der Verkehrssicherheit gibt“, teilt Matis mit.