Gerade bei Menschen über 50 Jahren steigt die Unfallgefahr mit Pedelecs drastisch an. Foto: dpa

Rainer Gerstenlauer bietet Sicherheitstrainings für E-Bike-Fahrer an. Im Interview erklärt er, warum solche Kurse wichtig sind.

Filder - Sie fahren zwar nur 25 Stundenkilometer, bis der elektrische Motor seine Unterstützung einstellt. Dennoch dringen einige Radfahrer dadurch in Geschwindigkeitsregionen vor, die sie sonst nicht erreichen würden. Gerade bei Menschen über 50 Jahren steigt deshalb die Unfallgefahr mit Pedelecs drastisch an. Rainer Gerstenlauer hat eine Lösung.

Herr Gerstenlauer, lassen Sie uns zuerst die Begrifflichkeiten klären: Die meisten E-Bikes sind streng genommen gar keine E-Bikes, oder?

Genau, 98 Prozent der Elektroräder sind Pedelecs. Es gibt drei Kategorien von Elektrorädern: Pedelecs, S-Pedelecs und E-Bikes.

Worin unterscheiden die sich?

Pedelecs haben die Eigenschaft, dass der Motor nur unterstützt, wenn man in die Pedale tritt. Beim E-Bike muss man das nicht – es fährt selbstständig und hat einen Gasdrehgriff wie bei einem Mofa. Der Motor eines Pedelecs unterstützt bis 25 Stundenkilometer, der eines S-Pedelecs bis 45 Stundenkilometer. Über diese Geschwindigkeiten hinaus schaltet der Motor ab. Die Zahl der S-Pedelecs ist aber verschwindend gering, die werden hauptsächlich von Berufspendlern genutzt. Damit darf man auch nicht auf dem Radweg fahren – man braucht sogar ein Nummernschild und es besteht Helmpflicht.

Zurzeit sieht man immer mehr Elektroräder auf den Straßen. Woher kommt denn dieser Hype?

Weil es einfach hip und bequem ist, mit Motorunterstützung zu fahren. Auch viele Ältere steigen wieder auf’s Rad. Das sieht man leider auch an den Unfallstatistiken. Beim normalen Fahrrad nehmen die Unfälle ab einem Alter von 50 Jahren ab. Das liegt auch daran, dass die Älteren meist nicht mehr in der Lage sind, so schnell zu fahren. Bei Pedelecs geht es gerade in die andere Richtung. Da steigen die Unfallzahlen ab einem Alter von 50 Jahren extrem an, da Geschwindigkeitsregionen erreicht werden, die zuvor nicht machbar waren.

Diesen steigenden Unfallzahlen wollen Sie mit Sicherheitstrainings entgegenwirken. Was lernen die Teilnehmer denn bei so einem Kurs?

Ein Sicherheitstraining ist wichtig, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass 40 Prozent der Unfälle mit Pedelecs Alleinunfälle sind. Heißt: Es gibt keinen anderen Beteiligten und die Ursache ist meistens Kontrollverlust über das Pedelec. Beim Sicherheitstraining lernt man, die Balance, Koordination und die motorische Handlungsfähigkeit auf dem Rad zu verbessern. Außerdem besitzt das Pedelec neben der normalen Schaltung zusätzlich die elektrischen Unterstützungsstufen des Motors. Das Zusammenspiel der beiden Schaltkomponenten ist auch etwas, das man erst einmal lernen und verinnerlichen muss.

Das heißt, ein Sicherheitstraining ist für jeden sinnvoll?

Ja, generell ist ein Sicherheitstraining für alle Altersgruppen empfehlenswert und sinnvoll. Das belegen auch die aktuell rasant steigenden Pedelec-Unfallzahlen in Baden-Württemberg.