Wenn eine Stadt den Klimanotstand ausruft, heißt das, dass die Erderwärmung als Bedrohung angesehen wird und Maßnahmen dagegen ergriffen werden sollen. Foto: dpa/Michael Kappeler

Konstanz, München, Heidelberg – immer mehr Städte rufen den Klimanotstand aus. In Filderstadt wird bereits viel für Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz getan, trotzdem will man dieses Mittel nicht ergreifen. Warum nicht?

Filderstadt - Mittlerweile haben einige Städte in Deutschland bereits den Klimanotstand ausgerufen. Konstanz hat dies beispielsweise getan, aber auch Köln, Rostock und Karlsruhe, München, Heidelberg und Kiel. Wenn eine Gemeinde den Klimanotstand ausruft, bedeutet das, dass der Klimawandel als Bedrohung für das Leben auf der Erde angesehen wird und Maßnahmen dagegen ergriffen werden sollen.

Filderstadt nimmt in Sachen Klima eigentlich eine Vorreiterstellung ein: Es gibt mit Myrthe Baijens eine eigene Klimaschutzmanagerin, in den jüngsten Haushaltsberatungen war der Klimaschutz der Hintergrund vieler Anträge aus den Fraktionen. Und der Oberbürgermeister Christoph Traub positioniert sich immer wieder eindeutig: Man habe jeden Grund dazu, das Thema „mit Ernsthaftigkeit“ zu betreiben. „Klimaschutz ist ein Thema, das uns alle angeht“, wiederholt er regelmäßig.

Warum hat also Filderstadt noch nicht den Klimanotstand ausgerufen? Und was würde das überhaupt bedeuten?

„Den Klimanotstand gibt es schon“

Darauf angesprochen, zieht Christoph Traub Parallelen zur aktuellen Corona-Krise. „Beim Klima sind es die Jüngeren, die die Mitarbeit der Älteren einfordern, bei Corona ist es umgekehrt.“ Beide Notstände könnten existenzbedrohend sein. „Wer die Diskussionen um die Klimaabkommen von Paris und Kyoto verfolgt, weiß: Den Klimanotstand gibt es schon“, sagt Traub, „in jeder einzelnen Kommune, auch ohne den offiziellen Ausruf“.

Sicher, sagt er, könnten solche offiziellen Ausrufe ein Mittel sein, um die Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken. Viel wichtiger sei jedoch, was dahinter stehe, was in der jeweiligen Kommune für den Klimaschutz getan werde. Dabei ist Traub wichtig, dass die Dringlichkeit bei den Bürgern ankommt. „Was ist Klimaschutz, was ist Nachhaltigkeit?“, fragt Traub. „Um eine breite Akzeptanz zu bekommen, müssen wir das genau definieren.“

Das umfangreiche Klimaschutzprogramm, der neu aufgestellte Arbeitskreis Klimaschutz, die Aktionen zur Nachhaltigkeit, wie beispielsweise die Plastikfrei-Wochen im vergangenen November: In Filderstadt tue sich etwas. „Ich bin praktisch veranlagt“, sagt der Oberbürgermeister, „wir packen es an und arbeiten daran. Wir hören nicht auf, Überzeugungsarbeit zu leisten“. Einen Klimanotstand auszurufen, sei wirkungslos, wenn „nichts dahinter“ sei, also keinerlei Maßnahmen oder Aktionen.

Das Thema sei inzwischen angekommen

„Es ist ein Mittel, die öffentliche Aufmerksamkeit zu wecken“, sagt auch Simone Schwiete, die Umweltschutzreferentin der Stadt Filderstadt, über die Ausrufung des Klimanotstands. „Vielleicht ist es ein besseres Mittel in Gemeinden, bei denen der Klimaschutz noch nicht so sehr auf der Agenda steht“, sagt sie, Filderstadt sei aber gut aufgestellt: „Wir kümmern uns schon sehr lange um Umweltschutz und Klimaschutz.“ Das Thema sei auch im Gemeinderat angekommen.

„Wir setzen auf konkrete Maßnahmen“, sagt Schwiete und nennt Vorhaben: die Erweiterung des städtischen Klimaschutzkonzeptes, der Fokus auf erneuerbaren Energien und Fotovoltaik, die Senkung der CO2-Emissionen um zehn Prozent alle fünf Jahre. Außerdem arbeitet die Verwaltung daran, dass Filderstadt für den „European Energy Award“ zertifiziert wird, ein Gütesiegel, mit dem die Energie- und Nachhaltigkeitspolitik von Kommunen ausgezeichnet wird. Das ist wichtig, weil die Kommunen, die das Gütesiegel haben, besondere Fördergelder vom Land Baden-Württemberg bekommen können.