Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller will jetzt in der Klimapolitik auf das auf das „andere Amerika“ setzen. Foto: dpa

Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) wirft Donald Trump „Kurzsichtigkeit und Verantwortungslosigkeit“ in seiner Klimapolitik vor.

Stuttgart - Der baden-württembergische Minister für Umwelt, Franz Untersteller, sieht einen Rückschlag, aber „nicht das Ende“ für den globalen Klimaschutz.

Donald Trumps angedrohter Ausstieg aus dem Pariser Abkommen wird Realität – ist die Erderwärmung jetzt noch zu stoppen?
Zu stoppen ist sie ohnehin nicht mehr. Es geht jetzt darum, das Schlimmste zu verhindern. Wenn dabei die Weltmacht USA ihre Mitarbeit verweigert, ist das ein fatales Signal an den Rest der Welt. Wie kann ich den ärmsten Staaten einen Beitrag abverlangen, wenn die mächtigen USA, der weltweit zweitgrößte Treibhausgasemittent, meinen, der Klimawandel gehe sie nichts an? Trotzdem glaube ich, dass der Rest der Welt zum Pariser Abkommen steht und sich als weitsichtiger erweist als Trump. Für den globalen Klimaschutz ist Trump ein Rückschlag, aber nicht das Ende.
Sie haben sich mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann starkgemacht für ein internationales Klimaschutzbündnis der Regionen – mit dem Gründungsmitglied Kalifornien –, wie werten Sie persönlich Trumps Schritt?
Er ist an Kurzsichtigkeit und Verantwortungslosigkeit kaum zu überbieten. Wie man wissenschaftliche Erkenntnisse, Dürrekatastrophen und Überschwemmungen – auch im eigenen Land – und namhafte US-Bundesstaaten, die längst ambitionierten Klimaschutz betreiben, so konsequent ignorieren kann, das ist mir schlicht ein Rätsel. Aber die USA sind zum Glück nicht nur Donald Trump. Ich setze auf das andere Amerika – auf Staaten wie Kalifornien, Minnesota, New Hampshire – und auf Städte wie Los Angeles, New York und Seattle. Das sind einige der insgesamt 18 Bundesstaaten und Städte der USA, die unserem regionalen Klimaschutzbündnis – genannt Under2MoU – angehören. Dort weiß man, dass der Klimaschutz notwendig ist. Und man hat dort auch die enormen Chancen erkannt, die eine Abkehr von den fossilen Energieträgern und eine Ausrichtung auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz bedeuten. Ich gehe davon aus, dass das auch so bleiben wird.
Wenn fossile Rohstoffe global gesehen billiger werden – ausgelöst durch den Schritt der USA –, unterläuft das doch unsere gesamten Bemühungen mit der Energiewende. Wie kommen wir aus der Falle heraus?
Jetzt müssen wir erst mal abwarten, was für Auswirkungen die Entscheidung der Vereinigten Staaten tatsächlich haben. Und wir haben Donald Trump ja durchaus auch als wandlungsfähig erlebt in den letzten Monaten. Außerdem setze ich auf die Macht des Faktischen. Erneuerbare Energien wachsen auch in den USA, und sie haben dort in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung einen nicht mehr wegzudenkenden Stellenwert. Selbst republikanisch geführte Staaten wie Florida stehen zum Klimaschutzabkommen von Paris.
Beim nächsten Klimagipfel in Bonn schaut die Welt wieder auf Deutschland – wie muss unser nationales Handeln jetzt aussehen?
Wir müssen entschlossen unseren Weg weitergehen, gemeinsam mit allen anderen Nationen, denen die Zukunft dieses Planeten am Herzen liegt. Da muss man ganz klar sagen, dass auch wir noch Luft nach oben haben. In Deutschland genauso wie auf europäischer Ebene. „Jetzt erst recht“ klingt trotzig, es kann aber durchaus die Devise für wichtige Entscheidungen sein, ich nenne da nur die dringend nötige Reform des europäischen Emissionshandels.
Manche glauben, dass Trumps Entscheidung dazu führt, dass der klimaschützende Rest der Welt nun enger zusammenrückt. Gehen Sie auch davon aus?
Ich hoffe es sehr.