Auch auf Waldeshöhen im Südwesten bläst es kräftig. Foto: dpa

Rund sechs Prozent der Fläche von Baden-Württemberg sind gut geeignet für den Bau von Windrädern. Ein neuer Windatlas zeigt die Ecken des Landes, in denen es am meisten bläst.

Stuttgart - Der Strom komme nicht nur aus der Steckdose, er müsse auch erzeugt werden. Mit diesen Worten hat Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Mittwoch beim Windbranchentag im Haus der Wirtschaft in Stuttgart die Präsentation des nach acht Jahren völlig neu verfassten Windatlasses für Baden-Württemberg eingeleitet. Das Ingenieur-und Planungsbüro Al-Pro war mit der wissenschaftlichen Aufgabe befasst, die neue Dokumentation nach einer verfeinerten Methode zu erstellen: Das markanteste Ergebnis lautet, dass auf 6,2 Prozent der Landesfläche – das sind 220 000 Hektar – der Wind im Durchschnitt so stark bläst, dass man nach Aussage des Ministers „dort mit Windkraftanlagen Geld verdienen kann“. Auf weiteren sechs Prozent des Landes sei Windkraft auch theoretisch rentabel, dort aber wegen der Vorschriften zum Artenschutz oder wegen Emissionsauflagen nur mit erheblichem Zusatzaufwand möglich. Die stürmischen Kernlande im Südwesten fasste Untersteller so zusammen: „Der Atlas zeigt uns, dass es auch im Südosten des Landes und im Rheingraben durchaus gute Standorte für Windkraftanlagen gibt – auch in Oberschwaben. Wenig überraschend ist, dass in den Höhenlagen des Schwarzwaldes sowie auf der Schwäbischen Alb die besten Windverhältnisse herrschen.“ Die Hohenlohe ist weniger gut geeignet für Windkraft. In Baden-Württemberg gebe es jedenfalls „mehr windkrafttaugliche Flächen als bisher angenommen“, sagte Untersteller. Es seien doppelt soviele wie im Windatlas 2011.

Genehmigungsverfahren bleibt

Der Minister betonte aber, dass nicht jede im Atlas ausgewiesene windige Ecke des Landes automatisch ein Standort sei. Investoren, die ein bis zu vier oder fünf Millionen Euro teures Windrad bauen wollten, müssten natürlich die Genehmigungsverfahren durchlaufen, in denen unter anderem der Immissionsschutz geprüft wird. Eine Veränderung im Vergleich zum Windatlas 2011 ist die Einführung eines neuen Bewertungsmaßstabs für das Windkraftpotenzial einer Region: Früher galten Standorte mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten – beispielsweise ab 5,5 Meter/Sekunde im Jahresdurchschnitt bei einer Nabenhöhe des Windrades von 140 Metern – als geeignet. Das neue Kriterium ist die sogenannte Windleistungsdichte, die Informationen über die Windstärke und die Luftdichte enthält. Im neuen Atlas gelten Standorte mit einer mittleren Windleistungsdichte von mindestens 215 Watt pro Quadratmeter (bei einer Nabenhöhe von 160 Meter) als geeignet. Das entsprach früher in etwa Windgeschwindigkeiten von 5,65 bis 5,9 Metern pro Sekunde. Auch von bestehenden Windkraftanlagen gesammelte Daten sind in den Windatlas einbezogen worden, früher lagen den Berechnungen oft nur Simulationsmodelle zugrunde.

Untersteller fordert Quote für den Südwesten

Wie viele neue Windkrafträder nun im Südwesten aufgrund des neuen Atlas geplant oder gebaut werden könnten, zur Zeit gibt es 720 im Land, dazu wollte sich Minister Untersteller nicht äußern. „Ich bin doch nicht das Orakel von Delphi.“ Gerade wegen der geplanten Abschaltung von Atom- und Kohlekraftwerken „brauchen wir auch im Südwesten Erzeugerkraft“, meinte er. Nach wie vor aber sind bei den Ausschreibungen für Windenergie, die flachen norddeutschen Länder im Vorteil. Untersteller pocht darauf, dass die Große Koalition ihre Zusage wahr macht und eine regionale Quote für die Länder einführt, die nicht an der Küste liegen.