Durch den Kopfschutz Halo sieht man kaum noch den Helm von Kimi Räikkönen. Foto: DPA

Der umstrittene Kopfschutz Halo soll die Piloten bei Unfällen vor schweren Verletzungen bewahren. Und dennoch stellt er Piloten und Ingenieure vor eine neue Herausforderung.

Stuttgart - Die Formel 1 präsentiert sich reformwillig. Halo soll die Piloten schützen. Die Startzeiten europäischer Rennen wurden von 14 auf 15.10 Uhr verlegt. Überdies halten Rennsportpuristen der ersten Stunde die Abschaffung der Grid Girls nicht unbedingt für das Gelbe vom Ei. Nicht mehr zeitgemäß und frauenfeindlich, argumentieren indes der Formel-1-Boss Chase Carey und seine Leute. Man kann es auch übertreiben, kontern Gegner und Fahrer wie Nico Hülkenberg. Flankiert übrigens von Mercedes-Sportchef Toto Wolff: Er empfand die Frauen in der Startaufstellung als „in keinster Weise diskriminierend“. Bei seinem Heim-Grand-Prix in Österreich hätten Grid Girls im Dirndl ja auch irgendwie die Tracht seiner Heimat repräsentiert. Sei’s drum.

Wolff ist nicht beeindruckt

Den größten Aufschrei in der neuen Formel 1 ruft ohnehin der Kopfschutz Halo hervor, der wie ein Hirschgeweih über den Helmen liegt und den offenen Formel-Autos optisch das gewohnte Bild nimmt. An die neue Erscheinung müssen sich die Fans erst gewöhnen. Auch mit dem „Heiligenschein“ über den Köpfen der Piloten kann sich Wolff nur schleppend anfreunden. „Ich bin von dem ganzen Ding nicht beeindruckt“, sagt er und bietet eine gewisse Bereitschaft zu rustikalen Handlungen an: „Wenn man mir eine Kettensäge gibt, würde ich es abschneiden.“

Eine Kettensäge wird wohl nicht ausreichen, denn Halo ist aus Titan gefertigt und soll einem Doppeldeckerbus standhalten können, ließe man ihn drauffallen. Eine Erhebung des Weltverbands Fia ergab, dass die Verwendung des Systems die Überlebenschance eines Piloten um 17 Prozent steigert. Bei gewissen Karambolagen kommt es vor, dass mal der eine Bolide über den anderen fliegt und dabei fast den Helm des Piloten im unteren Fahrzeug trifft. Auch vor herumfliegenden Teilen kann Halo, das aus dem Englischen übersetzt tatsächlich „Heiligenschein“ bedeutet, schützen. Allerdings hätte die Sprungfeder, die Felipe Massa 2009 in Budapest am Kopf traf, auch ihren Weg durch das Halo-System finden können.

Für Lauda einfach nur „fürchterlich“

Halo ist dennoch gut für die Sicherheit, darüber sind sich die Teams und Piloten weitgehend einig – auch wenn sich an der Optik die Geister mehr denn je scheiden. „Die Fans werden damit sicher keine Freude haben. Irgendwie sind wir nächstes Jahr nur noch eine Art Busfahrer – ab jetzt geht es bergab!“, polterte der Weltmeister Lewis Hamilton im vergangenen Jahr, inzwischen schlägt er moderate Töne an. Und der Mercedes-Chef-Aufseher Niki Lauda sagt: „Fürchterlich, der Halo ist der größte Rückschritt.“ Talenten empfiehlt er: „Jeder soll sich entscheiden, ob er einen Kiosk aufmachen oder in der Formel 1 fahren will.“