Beim Ausspracheabend im Gemeindezentrum kritisieren Bürger die geplante Interimsbuslinie von Rüdern nach Obertürkheim. Vor allem in der Tiroler Straße seien Standardbusse zu groß.

Uhlbach - Glauben Sie mir, wir hätten das gern anders gelöst. Wir haben alles versucht, uns diesen Gang zu ersparen.“ Esslingens Erster Bürgermeister Wilfried Wallbrecht hatte am Mittwochabend in der Bezirksbeiratssitzung wortreich um Zustimmung zur geplanten Interimsbuslinie 109 von Rüdern über Uhlbach zum Obertürkheimer Bahnhof geworben. Also um „Einsicht in die Notwendigkeit“, denn um die Vollsperrung der für die nördlichen Esslinger Stadtteile so wichtigen Geiselbachstraße ab Mitte 2019 komme man nicht herum. „Der Abwasserkanal ist einsturzgefährdet, wir müssen dringend handeln“, erklärte Tiefbauamtsleiter Uwe Heinemann. 15 Monate wird die sieben Millionen Euro teure Sanierung dauern, in dieser Zeit will die Stadt Esslingen insbesondere jenen Bewohnern der Stadtteile Rüdern, Sulzgries, Krummenacker und Neckarhalde (RSKN), die nach Stuttgart oder zum Daimler wollen, eine schnelle ÖPNV-Alternative bieten.

Im vollbesetzten Saal des Uhlbacher Gemeindezentrums hatte Wallbrecht allerdings keinen leichten Stand. Denn: „Leider können wir keine Win-Win-Lösung vorschlagen. Ich weiß, dass wir Ihnen einiges abverlangen“, räumte er vor rund 80 aufgebrachten Bürgern ein, die wenig Verständnis für die Pläne der Nachbarstadt zeigten. Wie Dieter Bubeck von der Uhlbacher Bürgerinitiative ausführte, stelle sich ihnen schon die Frage, ob die Leute aus RSKN überhaupt nach Obertürkheim wollen, um dann mit der S-Bahn Richtung Esslingen zu fahren. „Für Schüler etwa ist diese Verbindung unsinnig.“

Auslastung der Buslinie unklar

Di e Uhlbacher glauben nicht, dass der Bus, der montags bis freitags zwischen 6 und 20 Uhr im Berufsverkehr alle 15 Minuten, sonst alle 30 Minuten fahren soll, ausgelastet sein wird. Bubeck: „Könnte man in den Nebenzeiten auf ihn verzichten?“ Eine Antwort darauf blieben die Vertreter der Stadt Esslingen allerdings schuldig. Wie Peter Sautter von der beauftragten Ingenieur-Gesellschaft Verkehr (IGV) sagte, könne man keine Fahrgastprognosen abgeben. Aber man sehe großes Potenzial, ergänzte Wallbrecht: 17 000 Fahrzeuge würden täglich zwischen RSKN und Esslinger City fahren. Würde ein Teil von ihnen – genervt durch die langen Staus auf den Esslinger Umleitungsstrecken – auf den Bus umsteigen, wäre viel gewonnen.

Übrigens auch für die Uhlbacher , weil durch eine automatische Schranke, die die Stadt Esslingen eigens aufstellen will, der Schleichverkehr in der seit 1984 per Gerichtsbeschluss gesperrten Tiroler Straße unterbunden werde, fügte Stuttgarts Ordnungsbürgermeister Martin Schairer hinzu. Er betonte: Die Rechtslage sei eindeutig. „Wir sind per Gesetz zur Nachbarschaftshilfe verpflichtet.“ Es ginge also nicht darum, ob Esslingen eine solche Ausweichstrecke anordnen könne, sondern einzig darum, wie diese aussehen solle.

Esslingen plant den Einsatz eines Standardbusses mit 90 Sitzplätzen. Das seien 94 Fahrten am Tag, so Sautter. Mit einem Kleinbus (etwa 20 Sitzplätze) würden es 206 Fahrten sein, weil drei dieser Fahrzeuge hintereinander fahren müssten, um alle Fahrgäste einzusammeln. Der damit verbundene erhöhte Personalaufwand mache sich bemerkbar: 640 000 Euro würde der Linienbetrieb mit dem Standardbus kosten, 1,46 Millionen Euro mit dem Kleinbus.

Enormes Sicherheitsrisiko?

Die Mehrkosten halten die Uhlbacher angesichts ihrer Belastung für vertretbar. Bubeck kritisierte zum Beispiel den Wegfall von 30 der 100 Stellplätze in der Tiroler Straße („und mit Sicherheit auch einigen in der Luise-Benger-Straße“) sowie das „enorme Sicherheitsrisiko“: Die Tiroler Straße sei viel zu eng für den Begegnungsverkehr mit Müllfahrzeugen und landwirtschaftlichem Verkehr, und es gebe nur einen schmalen Gehweg, auf den die Fahrzeuge dann auswichen. „Für Fußgänger ist das enorm gefährlich.“ Zudem könnten die schweren Busse Straßenschäden verursachen. „Wer kommt dann dafür auf?“ Wenn überhaupt, komme für die Uhlbacher nur ein Kleinbus infrage, betonte Bubeck. Aber nach fester Überzeugung der Bürgerinitiative gibt es Alternativstrecken für den 109er durch die Esslinger Weinberge von Rüdern nach Mettingen.

Den Vorwurf, das Verkehrsproblem auf die Stuttgarter abwälzen zu wollen, um die eigenen Bürger zu schonen, wies Wallbrecht beim Ausspracheabend strikt zurück. Die Stadt Esslingen hätte alle Optionen einer Buslinie auf ihrer Gemarkung geprüft – und verworfen. Die Fahrt durch die Weinberge lehnt er kategorisch ab. „Alle Fachleute sagen mir, das geht aus vielen triftigen Gründen nicht.“

Die Anregungen der Bürger nehme man auf und werde sie prüfen, versicherte Schairer am Schluss des zweieinhalbstündigen Informationsaustausches. Vor dem Start der Esslinger Baumaßnahme werde man die Uhlbacher noch einmal über die Planung informieren, kündigte er an.