Horst Seehofer (links) und Markus Söder (beide CSU) rutschen in den Umfragen ab. Foto: dpa

Die aktuellen Umfragen sind ein Desaster für die CSU. Horst Seehofer und Markus Söder wollten die Kanzlerin mir ihren rabiaten Forderungen in der Flüchtlingspolitik treffen. Das hat nicht geklappt.

Berlin - Autsch – die Watsch’n sitzen! Umfragen sind zwar nie in Stein gemeißelt, und als verlässliches Trendbarometer für spätere Wahlen taugen sie auch nur bedingt. Aber die aktuellen Momentaufnahmen zeigen: Die CSU kann mit ihrem scharfen Anti-Merkel- und Anti-Flüchtlingskurs nicht punkten.

Im jüngsten, von der Forschungsgruppe Wahlen erhobenen ZDF-„Politbarometer“ sackten der Münchner Ministerpräsident Markus Söder und der CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer dramatisch ab. Im Ranking der zehn wichtigsten Politiker in Deutschland kam Seehofer vor drei Wochen noch auf einen Sympathiewert von plus 0,3; heute steht er mit dem gleichen Wert im Minus.

Zehn-Jahres-Tief für Markus Söder

Söder werden die Manöver im Flüchtlingskurs noch stärker angekreidet: Fast zwei Drittel der Befragten glauben, dass die Forderung nach einer Zurückweisung von bereits in anderen EU-Staaten registrierten Flüchtlingen an der deutschen Grenze nicht sachlich, sondern vor allem wahltaktisch begründet ist. Trotz alles Sympathie für diese Position (58 Prozent der Befragten hält sie für gut) ist Söders Kalkül, sich und seine Christsozialen so wieder in die Nähe einer absoluten Mehrheit bei der Bayernwahl im Oktober zu bugsieren, fürs Erste nicht aufgegangen. Er wird im Ranking mit einem Negativrekord von minus 0,5 abgestraft. Das ist der schlechteste Wert für einen CSU-Politiker seit zehn Jahren.

Dagegen hat die Frau mit der Richtlinienkompetenz, der die Bayern einen entscheidenden Schlag versetzen wollten, sich relativ gut behauptet. Kanzlerin Angela Merkel büßte seit der letzten Erhebung zwar 0,2 Punkte ein, sie liegt aber mit einem positiven Wert von 0,9 noch auf Platz drei. Noch besser haben nur der SPD-Vize und Finanzminister Olaf Scholz (unverändert plus 1,0) sowie der grüne Vorsitzende des Verkehrsausschusses Cem Özdemir abgeschnitten. Ob die positiven Werte für die beiden über den Tag hinaus Bedeutung haben? Für Olaf Scholz, der mit seiner auf Solidität ausgerichteten Haushaltspolitik im Genossenlager aneckt, könnte das im Fall schneller Neuwahlen relevant werden, wenn die SPD einen Kanzlerkandidaten braucht. Falls es keine Neuwahlen, aber eine andere Koalition mit grüner Beteiligung gäbe, käme der Status als Publikumsliebling Cem Özdemir gelegen. Anders als nach der Bundestagswahl wäre dem Ex-Parteichef und Ex-Spitzenkandidaten ein Ministerposten keineswegs sicher.

Das Civey-Institut hat mit einer Online-Umfrage für die „Augsburger Allgemeine“ und „Spiegel online“ ebenfalls ein für die CSU erschreckendes Meinungsbild erhoben. Wenn die CDU in Bayern bei der Landtagswahl antreten würde, würde die CSU mehr als 14 Prozent ihrer Wähler „sehr wahrscheinlich“ und weitere 2,9 Prozent „eher wahrscheinlich“ an die neue Konkurrenz verlieren. Noch mehr könnten allerdings die Grünen (bis zu 44 Prozent ihrer Wähler) und die FDP (bis zu 36 Prozent) verlieren. Der SPD (bis zu 34 Prozent der Wähler) und den Freien Wählern (bis zu 22 Prozent) drohten ebenfalls hohe Verluste, sollte die CDU in Bayern antreten. Lediglich AfD und Linke blieben stabil.

Was wäre wenn die CDU in Bayern antritt?

Bildet man in einem fiktiven Gedankenexperiment diese Verschiebungen auf die vorige Wahl und den aktuellen bayerischen Landtag mit seinen bisher vier Fraktionen ab, dann ergäbe sich dort eine neue Lage: Die CSU hätte statt 101 nur noch 84 bis 87 Abgeordnete. Die CDU würde zweitstärkste Kraft mit 30 bis 42 Parlamentariern. Die SPD (bisher 42) hätte 28 bis 33 Sitze, die Freien Wähler (17) kämen auf 13 bis 15. Die Grünen (17) würden mit 10 bis 12 Abgeordneten zur kleinsten Oppositionsfraktion.