Im Maschinenbau laufen die Geschäfte offenbar sehr gut. Foto: dpa-Zentralbild

Die Industrie- und Handelskammer Rems-Murr präsentiert eine Umfrage mit tollen Zahlen. Die meisten Firmenchefs sind optimistisch. Der Mangel an Fachkräften indes bereitet ihnen Sorgen.

Waiblingen - Die allermeisten Betriebe sind laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rems-Murr gut aufgestellt. Die rund 350 interviewten Unternehmer blickten positiv in die Zukunft, erklärt ein gut gelaunter Präsident der Bezirksammer beim Pressegespräch. Claus Paal ist happy, und mit ihm sind ganz offenkundig auch die meisten Wirtschaftsführer zuversichtlich.

Paal spricht von einem stabilen Erfolgskurs. Sowohl bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage als auch beim Blick in die nahe Zukunft der Entwicklung „dominieren die Optimisten“. Fast sagenhafte 95 Prozent der Unternehmen erwarten in den nächsten zwölf Monaten bessere oder zumindest gleichbleibend gute Geschäfte. Und das trotz globaler Krisen, so Paal – die Stichworte lauten Brexit, Separatismus in Katalonien, Trumps Protektionismus.

Fehlender Nachwuchs wird womöglich Wachstumsbremse

Der IHK-Mann präsentiert zunächst fast ausnahmslos tolle Werte. 28 Prozent der befragten IHK-Unternehmen wollten die Zahl ihrer Beschäftigten erhöhen, 62 Prozent diese zumindest konstant halten. Fast 95 Prozent der Industrieunternehmen bewerteten ihre Lage als gut beziehungsweise befriedigend. Diese Einschätzung falle „deutlich besser“ aus als noch bei der Umfrage in diesem Frühsommer. Im Maschinenbau seien sogar sämtliche Unternehmen zufrieden. Selbst im Einzelhandel hätten 92 Prozent der Geschäftsleute erklärt, sie seien zuversichtlich.

Alles super also? Nein, nicht ganz. Viele Unternehmer hätten Bauchschmerzen, wenn sie weiter in die Zukunft blickten, in erster Linie wegen des sich zuspitzenden Fachkräftemangels, sagt Paal. Gut die Hälfte der befragten Firmenlenker glauben, dass der fehlende Nachwuchs zur „größten Wachstumsbremse“ werden könnte. Es gebe Prognosen, die bis 2021 von rund 100 000 fehlenden Fachkräften in der Region Stuttgart ausgehen, sagt der Geschäftsführer der IHK Rems-Murr, Markus Beier. Bis 2029 könnte diese Zahl sogar auf 130 000 anschwellen. Weitere Risikofaktoren seien steigende Arbeitskosten und die Inlandsnachfrage, die zurzeit wesentlich zur guten Konjunktur beiträgt, aber abnehmen könnte. Zudem bereiten die Energie- und Rohstoffpreise den Firmen Sorgen.

„Eine Lehre ist nie was Flasches“

Beier zeichnet mit Blick auf die aktuelle Lehrstellenbilanz ein, wie er sagt, erfreuliches Bild. Die IHK-Betriebe hätten 1576 Lehrverträge abgeschlossen, nur geringfügig weniger als im Vorjahr. Der Lehrstellenmarkt im Landkreis sei „immer noch stabil“ – die Betonung liege dabei aber auf dem Wort noch. Die Zahl der Schulabgänger werde in den kommenden Jahren nämlich sinken. Die Ausbildungsreife vieler Schüler sei „problematisch“, sprich: sie hätten Defizite. Viele Jugendliche würden zudem in ein Studium „getrieben“, von den Lehrern und von den Eltern. Allzu oft laute das Motto „studier was, dann wirst du was“. Aber eine duale Ausbildung, also eine Lehre, „ist nie was Falsches“. Abiturienten könnten mit einer Ausbildungsverkürzung – lediglich 18 Monate seien möglich – ganz schnell ins Berufsleben starten.

Viele Betriebe versuchten, für ihre Lehrstellen „neue Bewerbergruppen zu erschießen“, sagt Beier. Im Fokus stünden besonders Abiturienten sowie Studienabbrecher. Die Umfrage der Rems-Murr-IHK hat auch ergeben, dass von den 1576 neuen Azubis in diesem Herbst mehr als 1000 junge Männer sind. Warum so wenig junge Frauen? Diese Frage, sagt Beier, müsse noch beantwortet werden.

Nachwuchs dringend gesucht

Elterncafé
Die Kammern gehen bei der Suche nach Auszubildenden neue Wege, zum Beispiel mit Elterncafés. Die Veranstaltungsreihe richtet sich an Mütter und Väter sowie deren Kinder.

Nachtaktiv
Kürzlich hat erstmals eine Nacht der Ausbildung stattgefunden. Rund 200 Jugendliche sind mit Bussen von Betrieb zu Betrieb gefahren worden, bei den Unternehmen konnten sie sich gezielt informieren.

Flüchtlinge
Im Rahmen eines Pilotprojekts im Rems-Murr-Kreis und im Landkreis Böblingen sollen Flüchtlinge zunächst lediglich Teilqualifikationen erwerben. Später könnten sie ihre Lehre dann nach und nach abschließen.