Problem- statt Wohlfühlzone: der Ludwigsburger Bahnhof. Foto: factum

Junge Gemeinderäte haben Reisende befragt – und damit die Debatte um den Ludwigsburger Wohlfühlbahnhof befeuert. Um das Sicherheitsgefühl zu stärken, fordern sie Kameras. Grüne warnen vor „chinesischen Verhältnissen“.

Ludwigsburg - Der neue Bahnhofsmanager Axel Müller ist noch gar nicht im Amt, da schreiben ihm die Stadträte schon seine To-do-Liste voll. Ausgelöst wurde der neuerliche Eifer in Sachen Wohlfühlbahnhof von einer Umfrage, die der Jugendgemeinderat organisiert und jetzt im Bauausschuss vorgestellt hat. Unter anderem plädieren die Jugendlichen für eine Videoüberwachung. Die Mehrheit der Stadträte aber ist skeptisch.

Frauen berichten von Übergriffen

An vier Tagen haben die Jugendlichen zwischen 7 Uhr und 18 Uhr Reisende befragt. „Wir wollten wissen, wie die Bürger den Bahnhof wahrnehmen“, sagte Vanessa Buchmann. „Und wir wollten nicht nur Jugendliche befragen.“ Stattdessen gibt die Umfrage einen Querschnitt durch die Altersklassen wieder. Insgesamt haben 208 Personen die Fragen der Jugendlichen beantwortet. „Etwa die Hälfte waren Ludwigsburger, die übrigen befanden sich auf der Durchreise“, sagte Steve Bellmann.

Und das Ergebnis war auf den ersten Blick überraschend: „Die meisten fanden den Bahnhof eigentlich ganz okay“, sagte Vithusan Vijayakumar. Man müsse aber Zug- und Busbahnhof unterscheiden: „Den ZOB finden die meisten katastrophal.“ Insgesamt hätten sich die Befragten in Sachen Sauberkeit und Bahnhofsgebäude zufrieden geäußert. Vermisst wurde allerdings ein Warteraum. Wer warten müsse, könne dies nur im Gedränge der Halle oder auf dem zugigen Bahnsteig tun.

Im Bahnhof fehlt ein Wartesaal

Die Jugendlichen räumten ein, dass ihre Analyse nicht in allen Punkten repräsentativ ist: „Wir haben nur tagsüber befragt“, sagte Bellmann. Um das Manko auszugleichen, haben die jungen Leute länger mit den Passanten gesprochen, um so weitere Eindrücke zu sammeln. „Dabei sind dann auch die unangenehmen Themen angesprochen worden“, sagt Buchmann. So hätten 10,7 Prozent der Frauen berichtet, am Bahnhof schon mal körperliche Gewalt erlebt zu haben, und 28 Prozent, sie seien schon mal belästigt worden. „Und das finden wir auf jeden Fall besorgniserregend“, sagte Buchmann

„Ihr habt gemacht, worum wir die Verwaltung schon lang gebeten haben“, sagt CDU-Stadtrat Reinhold Noz: „Statistik ist nicht alles. Es geht vor allem darum, wie sich die Menschen dort fühlen.“ Sie hoffe, dass nun wieder neuer Schwung in die Debatte um den Bahnhof komme, sagte Margit Liepins (SPD). „Vor fünf Jahren waren wir schon mal so weit wie jetzt.“Damals hatte die Stadt schon einmal einen Bahnhofsmanager. Und der habe einige Verbesserungen durchsetzen können, meint Elga Burkhardt (Lubu). Aber vor zweieinhalb Jahren war die Stelle weggefallen.

Um den Bahnhof sicherer zu machen, bedürfe es größerer Polizeipräsenz, meinte Buchmann: „Wir wären für eine Videoüberwachung am Abend.“ Während die SPD dem zustimmte, warnte die Grüne Elfriede Steinwand vor „chinesischen Verhältnissen“. Da der Bahnhof zum größten Teil in Privatbesitz sei, sei eine Videoüberwachung rechtlich nicht umsetzbar, meinte Andreas Rothacker (Freie Wähler).

Um die Einrichtung eines Wartesaals, eine bessere Ausleuchtung sowie den Einbau funktionierender Aufzüge – auch das Forderungen des Jugendgemeinderates – solle sich der neue Bahnhofsmanager Müller kümmern, meinten die Stadträte.